Dehnen
, verb. reg. act. die Länge und Breite eines Körpers
durch Ziehen vergrößern; ausdehnen, in den niedrigen Mundarten
recken. 1) Eigentlich. Das Gold lässet sich dehnen. Dehne deine Seile lang
und stecke deine Nägel feste, Es. 54, 2. Einen Missethäter auf der
Folterbank dehnen. 2) In engerer Bedeutung, als ein Reciprocum, sich dehnen,
seine Glieder ausdehnen, wie ein Fieberhafter oder Fauler; im gemeinen Leben
sich recken, im Oberdeutschen sich ranzen, sich stranzen. 3) Figürlich,
lange währen, von der Zeit. Die Nacht dehnt sich lang, Hiob. 7, 4. nach
Herrn Michaelis Übersetzung. Der Weg dehnt sich gar sehr, er will kein
Ende nehmen. Ingleichen, von einem fehlerhaft langsamen Tone. Ein gedehnter
schleppender Ton. Er dehnt die Wörter, daß einem angst und bange
darüber wird. 4) Eine Sylbe dehnen, in der Sprachkunst, sie mit einer
längern Verweilung der Stimme aussprechen, im Gegensatze des
schärfen. Eine gedehnte Sylbe, im Gegensatze einer geschärften,
welche von dem, was man in der Prosodie lang und kurz nennet, noch sehr
verschieden sind. In Hausmann ist die erste Sylbe gedehnt, und die letzte
geschärft; aber in der Prosodie sind beyde lang. So auch die Dehnung, im
Gegensatze der Schärfung.Anm. Bey dem Kero lautet dieses Zeitwort denan,
bey dem Ottfried thenan, er sina hand to thenita, da streckte er seine Hand
aus, bey dem Notker dennen, bey dem Tatian thenon, im Nieders. telnen, im
Angels. athenan, im Schwed. taenja, im Isländ. thenia, im Slavon. czanu,
im Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , im Latein. tendere, und ehedem tennere;
S. Dünn und Sehne. Die Niedersachsen haben noch ein
anderes genau damit verwandtes Wort, welches tanen lautet, und besonders von
dem Leder gebraucht wird. Leder tanen, Leder bereiten, weil solches mit vielem
Ziehen und Dehnen verbunden ist, und womit das Angels. tannan, das Engl. tan,
und das Franz. tanner, alle von der Bereitung des Leders, überein kommen.
So alt nun dieses Wort auch ist, so scheinet es doch nur das Intensivum von
ziehen, im Nieders. tehen, zu seyn, so wie sehnen von sehen, [
1433-1434] lehnen von legen u. s. f. Dehnen ist nichts anders als ein
wiederhohltes starkes Ziehen.
S. Ziehen und Zähe.Die Deutschen Mundarten
außer der Hochdeutschen haben zu diesem Activo auch ein Neutrum, welches
im Oberdeutschen dohnen, im Nieders. aber dunen lautet, und ausgedehnet werden,
aufschwellen, bedeutet, und wovon man ein neues Intensivum dunsen hat;
S. Dunst. Von diesem Worte dunen heißen die
leichten Flaumfedern der Vögel wegen ihrer großen Schnellkraft Dunen,
und in dem Munde der Hochdeutschen zuweilen Daunen.
S. Flaumfeder. [
1435-1436]