Beugen
, verb. reg. act. aus der geraden Richtung durch Drücken
oder Dehnen in eine Krumme bringen, die äußersten Puncte
der [
953-954] Länge eines Körpers durch
Drücken einander nähern. 1. Eigentlich. Der Baum beuget sich. Einen
Reif beugen. Sich vor jemandem beugen, im gemeinen Leben bücken. Die Kniee
vor Gott beugen. Einem den Nacken beugen, figürlich seinen Eigensinn
brechen, ihn zum Gehorsam bringen.
So wie die Kosen vom Nordwind gebeugt, Zachar. Das durch eignes
Verdienst der musicalischen LorberUm die Schläfe sich beugt, ebend. Das
Alter beugte schon den abgelebten Rücken, ebend. Und wenn sie im
Schlummer Ihren Geliebten noch fleht, beugt sie sich über sein Antlitz,
ebend.
In dieser eigentlichen Bedeutung ist beugen nur im
Oberdeutschen und in der edlern und höhern Schreibart der Hochdeutschen
üblich. Im gemeinen Leben der letztern vertritt biegen dessen Stelle.2.
Figürlich. 1) Das Recht beugen, unrecht verfahren, von dem Richter.
Beugt ungescheut das Recht, Haged.
Der Gebrauch Hiob 36, 18: Siehe zu, daß - groß
Geschenk dich nicht gebeuget habe, dich nicht bewogen habe, das Recht zu
beugen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. 2) Demüthigen. Sich unter
Gott beugen, Hiob 9, 13. Schaue die Hochmüthigen, wo sie sind, und beuge
sie, Hiob 40, 7.
Der Spröde bändigte, Hochmüthige gebeugt,
Zachar. Schreckendes Grab, du letzte Behausung für Götter im Leben, O
wie beugst du den träumenden Stolz! ebend. So oft der Herr der Wasser und
der Erden Die Krämer beugt, daß sie nicht Fürsten werden,
Haged.
3) Kränken, bemüthigenden Gram, schwere Sorgen
verursachen. Meine Tochter wie beugest du mich! Die Last irdischer Sorgen, die
deine Seele beugen, Dusch.
Sorgen, die allein gesalbte Häupter beugen, Haged.
So auch die Beugung, von der Handlung des Beugens.
S. auch Beuge, Biege, Bug.Anm. 1. Dieses eigentlich
Oberdeutsche Zeitwort ist, wie Schon bemerkt worden, in der eigentlichen
Bedeutung im Hochdeutschen nur in der höhern Schreibart üblich. In
den figürlichen Bedeutungen wird es allein, biegen aber niemals gebraucht.
Einige Sprachlehrer haben das Latein. flectere, d. i. das Verändern der
Wörter am Ende, durch beugen ausdrucken, und dieses Zeitwort alsdann
irregulär, wie biegen abwandeln wollen. Allein der Ausdruck ist unbequem
und die irreguläre Abwandelung hier sehr willkürlich.Anm. 2. Beugen
lautet im Gothischen buga, bey dem Notker bougan und kebaugan, im Angels.
bugan, bygan, im Engl. to bow, im Holländ. buygen, im Schwed. buga, im
Dän. boye, Nieders. bögen, Latein. pago, pango, Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Itali.
piegare.
S. auch Biegen. Übrigens ist die Familie dieses
alten Wortes sehr groß, indem außer den schon oben angeführten
Substantiven auch Bauch, Bühel, Buckel nebst andern dahin
gehören. [
955-956]