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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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Aufstehen

, verb. irreg. neutr. ( S. Stehen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Offen stehen. Die Thür steht auf, ist lange aufgestanden, in welcher Bedeutung doch bey den meisten Hochdeutschen das Hülfswort haben gebräuchlicher ist; die Thür hat lange aufgestanden.2) Auf etwas stehen, so daß die Bewegung dadurch gehindert wird, im gemeinen Leben. Der Pfahl, der eingeschlagen werden soll, stehet in der Erde auf, auf einem Steine. In dem Wasser aufstehen, mit den Füßen auf dem Grunde stehen. Wenn die Zähne nach genossenen sauren Speisen stumpf geworden sind, sagt man an einigen Orten gleichfalls, die Zähne stehen auf, wofür man in Oberdeutschland sagt, sie werden lang, und in und um Dresden, sie werden eilend.3) Sich in die Höhe richten, sich aus dem Stande der Ruhe in den Stand der Bewegung versetzen.a) In der eingeschränktesten Bedeutung, vermittelst der Füße. Der Ort, welchen man alsdann verlässet, bekommt das Vorwort von, man mag sitzend oder liegend geruhet haben. Denn so sagt man: von dem Stuhle aufstehen, von der Erde aufstehen, von der Arbeit, von dem Tische aufstehen, von dem Krankenlager aufstehen, von dem Bette aufstehen, wenn man auf demselben gesessen oder gelegen hat. Aus findet nur alsdann Statt, wenn man von der Sache, auf welcher man geruhet hat, gleichsam umhüllet gewesen. So stehet man aus dem Bette auf, wenn man in demselben gelegen hat. So auch, aus dem Kothe aufstehen u. s. f. Oft gebraucht man aufstehen absolute, ohne den vorher gegangenen Stand der Ruhe näher zu bezeichnen. Sie sind schon aufgestanden, von dem Tische, oder auch aus dem Bette. Ich möchte nicht darum aufstehen. Des Morgens frühe aufstehen. Wir sind heute spät aufgestanden. Vor einem aufstehen.b) In weiterer Bedeutung wird dieses Wort von verschiedenen andern, so wohl lebendigen als leblosen Dingen gebraucht, wenn sie aus dem Stande der Ruhe in Bewegung versetzet werden. So sagt man in der Landwirthschaft, die Fische stehen auf, wenn sie im Winter aus Mangel der Luft aus ihrem Lager in der Tiefe in die Höhe kommen, und an die Wuhnen treten. Bey den Jägern stehen die Vögel vor dem Hunde auf, wenn sie auffliegen. In den Bergwerken stehet der Schwaben auf, wenn er in Bewegung gebracht wird; und daher in die Höhe steigt; und bey dem Hüttenmanne stehet der Herd auf, wenn das geschmolzeneBley auf dem Treibeherde die Feuchtigkeit und Kälte ergreifet; alsdann über sich schlägt, und alles geschmettert. Auch von den Pflanzen sagt man, daß sie aufstehen, wenn sie sich aus der horizontalen Lage dem senkrechten Stande nähern. In der Landwirthschaft stehet die Wolle auf, wenn sie sich im Frühlinge auf den Schafen ausdehnet und in die Höhe richtet.c) Figürlich. (1) Aufstehen und weggehen, in welcher Bedeutung dieses Wort bey einigen Handwerkern von den Gesellen gebraucht wird, wenn sie einen Meister verlassen. S. Aufstand. (2) Genesen. Von einer Krankheit, von dem Krankenlager aufstehen. Der Kranke ist bereits aufgestanden. 3) Lebendig werden und aufstehen. Von dem Tode, oder von den Todten aufstehen, in welcher Bedeutung aber auferstehen üblicher ist. S. dasselbe. (4) Sich zu einem Geschäfte fertig machen, welcher Gebrauch aber bloß biblisch und ausländisch ist. (5) Wider jemanden aufstehen, sich ihm auf eine thätige Art widersetzen, doch nur, wenn solches von den Unterthanen gegen die Obrigkeit geschiehet. (6) Entstehen, zum Vorscheine kommen, doch nur von Menschen. Es ist ein Prophet aufgestanden. Es ist nicht eher eine Anzahl von guten Dichtern aufgestanden, als bis ein großer Geist durch ein Meisterstück den Wetteifer erreget hat, Dusch.Empörer standen auf, die Ordnung zu zerrütten, ebend. Auch diese Bedeutung ist der Deutschen Sprache ursprünglich fremd, und eine bloße Nachahmung des biblischen Gebrauches.Anm. Die Aufstehung, ist ungebräuchlich, weil den meisten Neutris die Verbalia auf ung fehlen. Dagegen kann der Infinitiv in allen Fällen als ein Substantiv gebraucht werden; in einigen ist indessen auch der Aufstand eingeführet. S. dieses Wort. Aufstehen ist übrigens ein altes Wort, welches schon bey dem Ottfried und Willeram vorkommt, wo es ufsten und ufstan lautet. [541-542]
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