Der Athem
, des -s, plur. inusit. die Luft, welche man vermittelst der
Lunge in sich ziehet und wieder von sich stößet, und die Handlung des
Einziehens und Ausstoßens dieser Luft; und zwar, 1) Eigentlich. Einen
kurzen schweren Athem haben. Athem hohlen, oder schöpfen, die zum Leben
nöthige Luft in sich ziehen. Den Athem an sich halten, die geschöpfte
Luft nicht wieder von sich stoßen. + Der Athem ist ihm ausgegangen oder
ausgefahren, er ist gestorben, in der alltäglichen niedrigen Sprechart. Es
benimmt mir fast den Athem, ich möchte ersticken. Etwas in Einem Athem
hersagen, unmittelbar hinter einander, ohne merkliche Zwischenräume. Sie
ist zugleich Sommer und Winter, sie lacht und weint, sie fleht und droht in
Einem Athem, Weiße. So lange noch ein Athem in mir ist, so lange ich noch
lebe. Sich aus dem Athem oder außer Athem laufen, reden, schreyen,
ingleichen, ganz außer Athem seyn, wie auch, [
455-456] wieder zu Athem kommen, sind sonderbare Arten des Ausdruckes, die
indessen doch überall angenommen sind. Ich komme wieder zu Athem, auch
figürlich, ich erhohle mich wieder von meiner Bestürzung. Nun da ich
einmahl in Odem (Athem) bin, ihnen Vorwürfe zu machen, so will ich mich
derselben erst ganz entledigen, Weiße. 2) Figürlich, für das
Leben. Diese Bedeutung ist ein Hebraismus, daher sie auch nur in Luther Bibel
vorkommt. Indessen gehören doch auch verschiedene oben angeführte
figürliche R. A. hierher, indem der Athem zum natürlichen Leben
unentbehrlich ist.Anm. Athem, bey dem Kero und Isidor Atum und Adum, Angels.
Aethm, Ethm, Nieders. Atem, Aten, Holländ. Adem, Aessem, zeiget
zunächst den Hauch oder Wind an, welcher durch die Einziehung und
Ausstoßung des Athens verursacht wird; worin es mit dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , Athem,
von -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , wehen, -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , hauchen, überein kommt. Bey dem Isidor bedeutet adhmuan
wirklich wehen. Weil mit der Ausstoßung des Athems zuweilen ein sichtbarer
Dunst verbunden ist, so ist es vermuthlich daher gekommen, daß Athem, in
den ältesten Zeiten, so wie das Griechische -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und das Angels.
Aethm, auch einen jeden Dunst bedeutet hat, welchen das Nieders. Frathem und
das Hochdeutsche Brodem noch bezeichnen. In den meisten Sprachen hat man die
Benennung des Geistes oder der Seele von dem Athem oder Winde hergenommen. Im
Deutschen ist solches auch um der Ursache willen geschehen, weil man durch das
Latein. Spiritus dazu veranlasset wurde. Daher heißt dem Ulphilas Athma,
bey den Schweden Ande, und bey dem Kero Atum so wohl die Seele, als ein jeder
Geist, atum uuihenu, der heilige Geist, und atumlih, geistlich. In den
folgenden Zeiten wählete man das Wort Geist dafür, welches eigentlich
eben dieselbe Bedeutung hat.
S. Geist. Es erhellet zugleich hieraus, daß Athem
die älteste und wahre Sprech- und Schreibart ist, und daß Odem,
welches auch einige gute Obersächsische Schriftsteller gebrauchen,
bloß von der neuern Alemannische Mundart herrühret, welche das A so
gern mit dem tiefern O vertauschet. [
457-458]