Arbeiten
, verb. reg. I. Neutrum, mit haben, seine Kräfte
anstrengen, lebhaften Gebrauch von seinen Kräften machen. 1. In
eigentlicher Bedeutung, die Kräfte seines Körpers zur Erwerbung
zeitlichen Vermögens anstrengen. Fleißig, nachlässig, faul
abreiten. Im Felde, im Weinberge, im Garten arbeiten. Bey Lichte arbeiten.
Besonders von den Beschäftigungen der Handwerker. Bey einem Meister
arbeiten. Auf den Kauf arbeiten. Welcher Schneider arbeitet ihnen? oder bey
welchem Schneider lassen sie arbeiten? Welcher Schuster arbeitet dir, oder
für dich? Der körperliche Gegenstand der Arbeit bekommt hier meisten
Theils die Präposition an. An etwas arbeiten. Er hat schon lange daran
gearbeitet. Dessen Materie aber die Präposition in. In Gold, in Wachs, in
Seide, in Marmor, in Gyps arbeiten. Auf Wildbret arbeiten, bey den Jägern,
Wildbret mit dem Leithunde suchen, und bestätigen. Die Bienen arbeiten,
wenn sie ihre Zellen bauen, und selbige mit Honig füllen. 2. In weiterer
Bedeutung, die Kräfte seiner Seele zur Erreichung eines gewissen
Endzweckes anstrengen. In einer Sache arbeiten. Er hat viel in dieser Sache
gearbeitet, viel mit derselben zu thun gehabt. An etwas arbeiten. An einer
Schrift, an einem Gedichte, an einem Aufsatze arbeiten. Man darf nie
aufhören, an sich selbst zu arbeiten, sich vollkommener zu machen. Ich
arbeite für ihr Glück und für ihre Beruhigung, Gell. Geben sie
mir Muße, mich aus diesem Wirbel aufrührischer Leidenschaften heraus
zu arbeiten, v. Brawe. Wie sich die rasende Jugend in ihre Elend hinein
arbeitet, Dusch. 3. In figürlicher Bedeutung. (a) In einer heftigen
Bewegung seyn. Der Kranke arbeitet, sagt man von demselben, wenn er sich in
einem starken Paroxismo befindet. Das Bier, der Wein arbeitet, gähret. Das
Feldgestänge arbeitet, wenn es in der gehörigen Bewegung ist. In
dieser Bedeutung findet arbeiten vorzüglich in der höhern Schreibart
Platz. Mein Herz arbeitet und blutet. Verschiedene mächtige Leidenschaften
schienen in ihrem Herzen zu kämpfen, ihre Brust arbeitete, Dusch. (b) Von
leblosen Dingen, so fern sie Werkzeuge zu Erreichung einer Absicht sind.
Regenwolken und Gewitter arbeiten an der Verschönerung der Natur, indem
sie sie entstellen, Dusch. Wo die Natur nicht die beste Lehrmeisterinn ist,da
arbeitet die Kunst umsonst, Weiße. Der Gedanke arbeitete sich wie die
Flamme unter dem Schutte empor, Dusch.II. Als ein Activum, folglich mit dem
Accusativ. 1. Für bearbeiten. Den Acker arbeiten. Das Zinn läßt
sich nicht allein arbeiten, daher wird es stets mit Bley oder Wißmuth
versetzet. Das läßt sich gut arbeiten. 2. Für verarbeiten.
Gearbeitetes Silber. Ungearbeitetes Silber. 3. Für abrichten. In dieser
Bedeutung kommt es nur noch bey den Jägern vor, wo, einen Hund arbeiten,
so viel bedeutet, als ihn abrichten. Ein rein gearbeiteter Hund, der nur zu
einerley Wildbret gearbeitet, oder gewöhnt ist. Die ehemahlige Bedeutung,
da arbeiten für plagen gebraucht wurde, z. B. die mih arabeitent, qui
tribulant me, Notker Ps 3, 1 ist hiermit genau verwandt. 4. Ein Pferd, einen
Menschen zu Tode arbeiten, durch unmäßige Arbeit dessen Tod
verursachen. Sich zu Tode arbeiten. So auch, sich krank, sich gesund, sich
reich arbeiten.Anm. Arbeiten, Goth. arbaidjan, Isländ. erfida, bey den
ältern Schweden arfwoda, bey den heutigen arbeta, bey dem Kero, Notker u.
s. f. arabeitan. Dän arbeyde, kommt von Arbeit her, man müßte
denn mit Herrn Ihre annehmen, daß dieses Verbum von dem alten Arf oder
Erf, labor, und idja, operor, exerceo, zusammen gesetzt wäre.
Übrigens ist es, so wie Arbeit, ursprünglich nur auf die Ackerarbeit
eingeschränket gewesen, daher es denn auch in den meisten Fällen den
Nebenbegriff der Anstrengung seiner Kräfte hat. In dem 1534 gedruckten
Deutschen Tacitus heißt es daher noch: Getreyd und andere frücht
bawen und arbeyten si vleissiger. Indessen kommt es doch schon sehr frühe,
so wohl für arbeiten überhaupt, als auch für plagen, verfolgen
vor. Das Hauptwort, die Arbeitung, ist für sich allein nicht üblich,
wohl aber in den Zusammensetzungen, Abarbeitung, Ausarbeitung, Bearbeitung,
Verarbeitung u. s. f. Handarbeit überhaupt verrichten, heißt im
Schwabenspiegel auch werken, und bey den Niedersachsen schippwarken.
Nachlässig und ohnehin arbeiten, drucken die Hoch- und Niederdeutschen
durch schludern und schleudern, die Niedersachsen durch fuddeln, driseln, und
nußeln aus. Schwere Arbeit verrichten und sich es dabey sauer werden
lassen, heißt in Schwaben fretten, in Niedersachsen sich fälen,
woolbargen, drillen, Isländ. thraela. Mühsam arbeiten, wird in
Niedersachsen poseln, in Preußen puscheln, und in Schweden pussla genannt,
u. s. f. Ein kleines Beyspiel unter tausend andern, wie geschickt die gemeinen
Mundarten sind, einen Begriff mit allen seinen Schattirungen und
Abänderungen auszudrucken, wo ein Hochdeutscher sich nicht anders als mit
Umschweifen helfen kann. [
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