Die Angst
, plur. die Ängste, die Beklemmung der Brust, als eine
Wirkung der dunkeln Empfindung eines Grades von Furcht und Traurigkeit. Voller
Angst seyn. Du machst dir vergebliche Angst. Er weiß vor Angst nicht, wo
er bleiben soll. Die Angst meines Herzens ist groß. Herzensangst,
Todesangst. In tausend Ängsten seyn.
Was darf er nun in Ängsten sitzen: Haged. Das Haus, das
bey gemeinem Jammer, Nur für die Frau in Ängsten stand, Bernhardi.Der
Schauer, welcher mich mit kalter Angst durchläuft, Weiße.
Anm. 1. Der Plural ist im Hochdeutschen nur in der dritten
Endung mit der Präposition in Üblich. Die Oberdeutsche Mundart
gebraucht ihn nicht nur mit andern Präpositionen, sondern auch in andern
Endungen. Mit grozen angustin, Ottfr.
Da Leid und LebenMit Ängsten nur umringet war, Opitz. Der
Herr schickt freye RuhDem, den er liebt, ohn Ängsten zu, ebend. Ps.
127.Aus diesem tiefen Grunde Der Ängsten ruf ich dir, ebend. Ps. 130.
Luther hat dieses in der Deutschen Bibel beybehalten. Und er
sie errettet aus ihren Ängsten, Ps. 107, 6. So auch v. 13, 28. und
anderswo. Ja es erlauben sich solches zuweilen auch Hochdeutsche Dichter.
Du machtest meinen Geist wohl eh von Ängsten los, Can. Ich
Mensch empfinde stets im Denken Todesängste, Dusch.
Anm. 2. Angst, alt Nieders. Anxste, Schwed. Angest, Eng.
Anguish, alt Franz. Angoise, Bretagn. Encres, Fränk. und Alemann. Angust,
kommen mit dem Latein. Angustia genau überein. Das nächste Stammwort
ist wohl das veraltete angen, drücken, kränken, beunruhigen, welches
mit dem Latein. angere, und Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , beengen, verwandt ist. Es wird bey dem
Ottfried und Notker angetroffen, und muß noch zu Henischens Zeiten in
Schwaben üblich gewesen seyn, weil er die sprichwörtliche R. A.
anführet: Was dich nicht anget, darnach sollst du nicht fragen.
Gemeiniglich leitet man dieses Verbum von enge ab, so daß angen
eigentlich, in die Enge treiben, und Angst, eine Beengung oder Beklemmung der
Brust bedeuten würde. Es kann aber auch seyn, daß Angst eine
Nachahmung des natürlichen Lautes ist, den ein Geängstigter mit dem
Athem von sich gibt, da es denn zu Ach, ächzen und dem Nieders. anken,
ächzen, gehören würde. [
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