Abstechen
, verb. irreg.
S. Stechen. Es ist:I. Ein Activum, und bedeutet:1) Herab
stechen, mit Stichen von einem höhern Orte herunter bringen. Seinen Gegner
von dem Pferde abstechen. So auch, ein Fuder Heu, Stroh, Garben abstechen, in
der Landwirthschaft, es mit der Gabel abladen, Nieders abstaken. [
113-114] 2) Mit einem Stiche absondern. Einem Thiere die Kehle, sich die Gurgel
abstechen. Rasen abstechen. Ein abgestochener Rasen. Bey den Drechslern ist
abstechen mit dem umgekehrten Meißel abnehmen. Von dieser Art des
Abstechens hat bey den Zinngießern ein gewisses Dreheisen den Nahmen des
Abstecheisens. Ingleichen metonymisch, mit einem Stiche in die Gurgel
tödten. Ein Schwein, ein Kalb, ein Schaf, eine Gans, ein Huhn abstechen.3)
Im Stechen übertreffen, so wohl, (a) eigentlich in den Ritterspielen,
einen abstechen, den Ring oder aufgesteckten Preis mit der Lanze eher erreichen
als er; als auch (b) uneigentlich, in jeder andern Sache den Vorzug abgewinnen,
übertreffen. So sagt man im Kartenspiele, einen abstechen, ihn durch eine
höhere Karte des Stiches berauben. Ingleichen im Scheibenschießen,
näher als ein anderer zum Ziele treffen. Ferner:
Der Tauben Atlas stach Dianens Silber ab, Günth. Dieser
Blumen Jaspis kann Sarder und Schmaragd abstechen, Gryph.
4) Mit Stechen ableiten. Das Wasser abstechen, abgraben.
Ingleichen, einen Fluß, Teich, Sumpf abstechen. Den Wein abstechen,
abzapfen, in einigen Gegenden. So auch in den Hüttenwerken, das
geschmolzene Erz abstechen, es vermittelst eines Stiches durch das Auge in die
Abstechgrube oder den Abstechherd ableiten. Auf den hohen Öfen wird das
Eisen mit dem Abstechstachel gleichfalls abgestochen.5) Mit Stechen oder Graben
nachbilden. Eine Zeichnung, ein Gemählde, ein Kupfer abstechen, mit dem
Grabstichel nachstechen. Ein Muster abstechen, bey den Nähterinnen, ein
Muster nach allen Zügen mit Nadeln durchstechen, und dadurch auf ein
untergelegtes Papier abbilden. Ein Lager, einen Garten, einen Platz zu einem
Hause abstechen, durch ausgestochene oder ausgegrabene Erde bezeichnen.
Geschiehet solches durch eingeschlagene Stäbe, so heißt es
abstecken.II. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert, als
verschieden lebhaft empfunden werden, und zwar in Vergleichung mit einem andern
Dinge, welches alsdann die Vorwörter gegen und von, seltener und nicht so
richtig mit bekommt. Diese Farbe sticht gut, schlecht gegen jene ab. Der alte
Hut sticht schlecht gegen das neue Kleid ab. Ihre fröhlichen
Entzückungen stechen mit den gründlichen Eigenschaften ihrer
Schwester vortrefflich ab, Less. Sie überlegen nie, daß die Stickerey
von dem Grunde abstechen muß, Ebend. Man wird durch das Abstechende
beyderseitiger Gedanken ungemein gerühret werden. Alberts gelassene
Außenseite sticht gegen die Unruhe meines Charakters sehr lebhaft ab,
Werth. Leid. Das Perfect und Plusquamperf. sind von diesem Neutro wenig
üblich.Anm. Das Hauptwort das Abstechen kann in allen Bedeutungen der
thätigen so wohl, als Mittelgattung, die Abstechung aber nur in den
eigentlichen Bedeutungen der ersten gebraucht werden. Doch kommt das letztere
auch zuweilen in der neutralen Bedeutung vor. Lessing hat (in der Minna von
Barnhelm) die Abstechung seiner Personen aus den Verstößungen ihrer
Charaktere heraus zu hohlen gewagt, Sonnenf. für Contrast. Die Charaktere,
welche zur Abstechung gegen die Hauptfigur geordnet worden, ebenders.
S. auch Abstich. [
115-116]