Der Abschied
, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte abscheiden. Es
führet überhaupt den Begriff der Absonderung und Abtheilung bey sich,
wird aber nur in den figürlichen Bedeutungen des Verbi gebraucht. Es
bezeichnet,1) Nach Maßgebung des Activi abscheiden. (a) Die Entlassung
eines andern aus seinen Diensten; ohne Plural. Einem seinen Abschied geben,
auch ihn verabschieden, so wohl in gutem als bösem Verstande; ersteres nur
im gemeinen Leben, und wenn man ohne Achtung spricht. Einem Bedienten, einem
Soldaten, einem Gesellen seinen Abschied geben. Den Abschied verlangen,
fordern. Seinen Abschied nehmen, einen Dienst verlassen. Hiermit hast du deinen
Abschied. Ingleichen das schriftliche Zeugniß, das man einem solchen bey
seiner Entlassung gibt. Figürlich sagt man: den Sünden, den Lastern
Abschied geben, sie verlassen, sie ablegen. Der Welt Abschied geben, so wohl
sich der Verbindung mit der Welt und allen irdischen Dingen entziehen, als auch
sterben. (b) Was bey dem Schlusse einer gerichtlichen oder andern feyerlichen
Versammlung beschlossen und ausgesprochen wird. So bedeutet Abschied in den
Rechten die gerichtliche Entscheidung einer Sache, und die Schrift, welche
solche enthält. So auch ein Landtagsabschied, ein Reichstagsabschied, oder
Reichsabschied, ein Schluß, der bey dem Abschiede der Reichs- oder
Landstände bekannt gemacht wird. (c) In einigen Niedersächsischen
Gegenden, die Entlassung eines abgelebten Leibeigenen von dem Gute, da man ihn
in einem Häuschen zur Ruhe setzet, die Abnahme. Der ihm zu seinem
Unterhalte ausgesetzte Theil wird alsdann das Altentheil genannt.2) Von dem
Neutro, die Abreise von einem Orte, oder die Entfernung aus einer Gesellschaft,
ohne Plural. Noch mehr aber die feyerlichen Umstände, welche die
Höflichkeit in solchen Fällen eingeführet hat. Abschied von
jemanden nehmen. Hinter der Thür Abschied nehmen, ohne Abschied zu nehmen
fortgehen oder fortreisen. Der Abschied aus diesem Leben, der tödtliche
Hintritt. Daher die Abschieds-Audienz eines Gesandten oder anderer vornehmen
Personen; der Abschiedsbrief, der Abschiedsbesuch, das Abschieds-Compliment,
die Abschiedsrede, das Abschiedsgedicht, der Abschiedsschmaus u. s. f.Anm.
Würde der Unterschied in der Conjugation zwischen dem Activo Scheiden und
dem Neutro Scheiden beobachtet, so müßte auch dieses Hauptwort, so
fern es von dem Imperfecto des Activi gebildet ist, Abscheid geschrieben und
gesprochen werden, so wie man Halbscheid, und zuweilen auch Unterscheid findet.
Einige Mundarten sagen auch wirklich Abscheid. Allein im Hochdeutschen ist
Abschied allgemein. Der Plural, die Abschiede, kann nur von schriftlichen
Zeugnissen der Entlassung, ingleichen von gerichtlichen Abschieden und den
Abschieden der Land- und Reichstage gebraucht werden. Abschied ist in dieser
Bedeutung vermuthlich nach dem mittlern Lateinischen Recessus gebildet worden,
und beziehet sich zunächst auf das Auseinandergehen einer Versammlung. Von
Reichsabschieden kommt dieses Wort zuerst unter dem Kaiser Friedrich dem
Vierten vor. Die Rechtslehrer sindnicht einig, wie Abschied, Bescheid, und
Urtheil von einander unterschieden sind. So viel ist gewiß, daß unter
diesen drey Wörtern oft gar kein Unterschied beobachtet wird, zumahl da
die Gewohnheit jedes Ortes bald dieses bald jenes von den gedachten drey
Wörtern angenommen hat. Siehet man auf die Abstammung, so wird man denen
beypflichten müssen, die eine sogenannte Sententiam interlocutoriam, oder
den Ausspruch eines Richters über einen Nebenpunct, ingleichen den
Ausspruch des Richters auf einseitiges Ansuchen einer Partey einen Bescheid,
das Endurtheil aber, wodurch die Hauptsache entschieden wird, einen Abschied
nennen, obgleich in den meisten Gerichten dafür das Wort Urtheil
üblich ist. In den Graubünden wird auch der schriftliche Vortrag
einer wichtigen Sache, welche an die ganze Versammlung gebracht wird, ein
Abschied genannt. Daß Abschied ehedem auch einen bestimmten Theil von
Gütern oder Einkünften, womit jemand abgeschieden wurde, bedeutet
habe, erhellet aus dem Haltaus h. v. [
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