Ablassen
, verb. irreg.
S. Lassen, welches in seinen meisten Bedeutungen
elliptisch ist, und ein anderes ausgelassenes Zeitwort voraus setzet. Es ist
aberI. Ein Activum, und bedeutet alsdann überhaupt, einen Körper
seiner natürlichen Bewegung überlassen. Besonders, 1) was zurück
gehalten war, seiner Schnellkraft überlassen. Den gespannten Bogen
ablassen. Ein Schloß ablassen, dessen Feder abgehen lassen, im gemeinen
Leben, es abschnappen. Ein Schiff ablassen, es vom Stapel laufen lassen. Einen
Teich, einen Fluß ablassen, das Wasser in demselben abfließen lassen.
Ein Faß Wein, (den Wein im Fasse,) ablassen, abzapfen. Den Ofen ablassen,
in den Schmelzhütten, das flüssige Metall aus demselben
abfließen lassen, welches auch abstechen genannt wird. 2) Je-manden eine
Sache ablassen, abtreten, sie ihm überlassen. 3) Abschicken, absenden.
Einen Brief, ein Schreiben an jemanden ablassen, erlassen. Er hat versprochen,
einige Zeilen an mich abzulassen. 4) Etwas am Preise ablassen, nachlassen, eine
Verminderung des geforderten Preises bewilligen. Ich kann von den zehn Thalern
nichts ablassen. 5) Die Sohlen ablassen, bey den Schustern, bedeutet so viel,
als sie am Rande abhängig schneiden, dünner machen, welches
vermittelst eines gegen die Spitze des Messers gehaltenen Hornes geschiehet,
welches daher das Ablaßhorn genannt wird.II. Ein Neutrum, welches das
Hülfswort haben zu sich nimmt, aufhören etwas zu thun, Gemeinschaft
damit zu haben, darnach zu streben, eine Sache nicht weiter fortsetzen; doch
nur mit einem Substantive und der Präposition von. Von der Arbeit
ablassen. Vom Bösen ablassen. Von seinem Vorsatze, von einem Prozesse
ablassen. Von einer Person ablassen, die Liebe zu ihr fahren lassen. Sind sie
denn nicht selbst Schuld, daß er von ihr ablässet? Gell. Von einem
ablassen, so wohl ihm seine Hülfe versagen, als auch aufhören, ihn zu
strafen, kommt in Luthers Bibelübersetzung zwar oft, außerdem aber
fast gar nicht mehr vor. Eben so unangenehm klingen im Hochdeutschen die
Oberdeutschen R. A. ablassen zu zürnen, zu weinen, zu bauen u. s. f.
für aufhören. Überhaupt fängt es in dieser ganzen neutralen
Bedeutung an zu veralten, und wird daher nur noch am häufigsten im
gemeinen Leben und in der biblischen Schreibart gebraucht. Daher die Ablassung
in allen obigen Bedeutungen, besonders des Activi.Anm. Ablassen, war in der
vierten thätigen Bedeutung ehedem von weiterm Umfange, wie man aus einigen
Beyspielen beym Haltaus h. v. sehen kann. Und von dieser Bedeutung kommt
vermuthlich auch das Hauptwort Ablaß in der kirchlichen Bedeutung
her. [
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