Die Zucht
, [
1741-1742] plur. doch nur in wenigen
Fällen, die Züchte, von dem Verbo ziehen, doch nur in einigen Bedeutungen
desselben. 1. In der eigentlichen Bedeutung, ein Werkzeug oder Ding zum Ziehen,
in welcher doch nur in der Landwirthschaft einiger Gegenden die Kette am
Pfluge, welche den Pflug und die Räder zusammenhält, die Zucht genannt wird. In
einem andern Verstande bedeutet es in Abzucht einen Canal. In beyden Fällen ist
der Plural üblich. 2. Von ziehen, die Fortpflanzung und den Wachsthum
veranstalten, ist Zucht, und zwar ohne Plural. (1) Die Fortpflanzung eines
Thieres, oder einer Art Thiere; doch nur in den Redensarten; gut zur Zucht
seyn; einen Bullen zur Zucht halten; eine Sau zur Zucht gehen lassen.
Ingleichen in Zusammensetzungen, so daß Zucht voran stehet: eine Zuchtsau, eine
Zuchtstutte, ein Zuchtschaf, u. s. f. welche man zur Fortpflanzung bestimmet
hat. (2) Die Veranstaltung der Fortpflanzung mit Einschluß des groß Ziehens,
der Pflege und Wartung. In dieser Bedeutung wird es nur in Zusammensetzungen
gebraucht, so daß Zucht hinten stehet, und auch hier nur von Thieren, obgleich
ziehen auch von Gewächsen üblich ist. Die Lämmerzucht ist dieses Jahr nicht
gerathen. So auch die Viehzucht, Pferdezucht, Schafzucht, Bienenzucht u. s. f.
Von leblosen Dingen gebraucht man Bau: Honigbau, Seidenbau, Flachsbau,
Getreidebau u. s. f. (3) Gezogene junge Thiere; als ein Collectivum. Die junge
Zucht, aufgezogene Thiere. Von Kindern wird es nur im verächtlichen Verstande
gebraucht. (4) Eine Menge zugleich gezogener Thiere einer Art; nur in einigen,
besonders Niederdeutschen Gegenden. Eine Zucht Schafe, eine Herde. Eine Zucht
junger Hühner, eine Brut.
S. auch Gezücht. 3. Von ziehen, zu einem pflichtmäßigen
Verhalten anleiten, ist Zucht, und zwar gleichfalls ohne Plural. (1) Die
Anleitung zu einem pflichtmäßigen Verhalten, wo der Begriff der Schärfe in den
nöthigen Fällen, bald mehr, bald weniger vorsticht. Seine Kinder in guter Zucht
halten; gute Zucht unter seinen Kindern, unter den Soldaten halten. Eine
scharfe Zucht einführen. Der Zucht entwachsen seyn, sich Altershalber nicht
mehr ziehen lassen. Sich der Zucht unterwerfen. Aus der Zucht kommen. Nicht
mehr unter der Zucht stehen. Ein Kind jemandes Zucht übergeben. So auch
Kinderzucht, Mannszucht, Kirchenzucht; ingleichen mit mehr hervor stechendem
Begriff der Schärfe, Zuchthaus, Zuchtmeister u. s. f. (2) Die Wirkung dieser
Zucht, wo es besonders noch für Sittsamkeit, Schamhaftigkeit und Ehrbarkeit
gebraucht wird. Ohne Zucht und Ehrbarkeit leben. Alle Zucht an den Nagel
hängen. Sprichw. Wo Zucht ist, da ist Ehre. In dieser Bedeutung ist es, um der
Zweydeutigkeit mit der vorigen Willen, wenig mehr gebräuchlich; ganz veraltet
aber ist, außer der komischen Schreibart, der ehedem gangbare Plural, die
Züchte: in Züchten und in Ehren, auf eine anständige, die guten Sitten nicht
beleidigende Art. Siehe auch Unzucht. Ehedem war es in dieser Bedeutung sehr
gangbar, indem es halb gute Sitten überhaupt, bald Sittsamkeit und
Schamhaftigkeit, bald Bescheidenheit, bald auch Ehrbezeugung besonders
bedeutete. In zuichten leben, die Winsbeckin. Wider menschlichen zuichten,
wider die Ehrbarkeit, im Schwabenspiegel. Sie zu im mit zuichten sprach, auf
eine bescheidene Art, die Winsbeckin. Er bot im alle zucht und eer, Gros
reverenz und alles mer, alle Ehre, im Theuerdanke. Anm. Im Nieders. Tucht, (
S. Ziehen.) Ehedem bedeutete es noch, theils eine
Geschlechtsfolge, Generation, in welchem Verstande zuuachta bey dem Ottfried
vorkommt; theils ein Kind, di zuht was wahsenti, der Knabe wuchs, Ottfried;
theils Nahrung, Unterhalt, dia dagalihun zuhti, unser tägliches Brot, im
Ottfried, von welcher Bedeutung noch unser Leibzucht ein Überbleibsel ist.
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1741-1742]