Die Wehr
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1437-1438] zuweilen auch die Wehre, plur.
die Wehren, von dem Verbo wehren. 1. Die Handlung, da man sich wehret, sich
gegen einen Angriff vertheidiget; eine veraltete Bedeutung, welche nur noch in
der R. A. übrig ist, sich zur Wehre stellen, sich vertheidigen wollen, Anstalt
zur Vertheidigung machen. Üblicher ist es noch in den Zusammensetzungen
Gegenwehr, und Nothwehr. 2. Dasjenige, womit man sich wehret, da es ehedem mit
Waffe gleich bedeutend war, und alle Werkzeuge, so wohl zum Angriffe, als zur
Vertheidigung, bezeichnete, z. B. Degen, Spieße, Lanzen, Dolche u. s. f. Die
Wehr blößen. Jemand mit entblößter Wehr anfallen. Wehr und Waffen, allerley
Gewehr. Auch in dieser Bedeutung ist es veraltet, seitdem Gewehr üblicher
geworden ist, daher es nur noch zuweilen theils in dem Gerichtsstyl, theils in
der dichterischen Schreibart, vorkommt. Blitzet ein fürchterlich Gemisch
entblößter Wehren um ihn her, Denis. Bey den Jägern werden noch zuweilen die
Klauen und Hauzähne der fleischfressenden Thiere, so wohl Waffen, als Wehren,
genannt. 3. Zum Feldbaue nöthige Werkzeug, und, in weiterer Bedeutung, alles,
was zur Landwirthschaft nothwendig ist, besonders die so genannten
Inventarien-Stücke; vermuthlich, so fern jedes Werkzeug ehedem auch so wohl
Wehr, als Waffe, genannt wurde. Diese Bedeutung ist noch mehr veraltet, es eine
der vorigen, und nur noch in den Zusammensetzungen Hofwehr und Wehrvieh übrig.
(
S. dieselben.) In Westphalen ist der Wehr ein freyer
Laubbesitzer, die Wehre; dessen Haus mit dem innern Hofraum, der Wehrfester,
der Hauswirth, und das Wehrgut, dessen Gut. 4. Ein Werk, welches einen Feind
abzuhalten, ihm zu wehren, geschickt ist; ein ehedem sehr allgemeines Wort,
welches nicht allein Festungswerke, Wälle, Mauern, Dämme und Schlösser, sondern
auch den Schutz selbst, bezeichnete. Gott ist mein Schloß und hohe Wehre,
Opitz. Auch diese Bedeutung ist für sich allein veraltet, ob sie gleich noch in
den Zusammensetzungen Brustwehr, Landwehr, Schutzwehr u. s. f. lebt Bey den
Jägern ist eine lebendige Wehr, wenn ein Ort statt des Jagdzeuges mit Menschen
besetzet wird, das Wild abzuhalten, gleichsam eine lebendige Mauer. Das
folgende, das Wehr, ist noch ein Überbleibsel davon, nur daß es sein Geschlecht
verändert hat. Anm. Schon bey dem ältesten Oberdeutschen Schriftstellern wer
und wara, welches letztere schon bey dem Ottfried Schutz bedeutet, und zunächst
zu dem nahe verwandten wahren in bewahren zu gehören scheinet. (
S. Wehren.) Mit dem weiblichen e, Wehre, ist diese Wort
im Hochdeutschen seltener, als ohne dasselbe. [
1437-1438]