Weben
, [
1417-1418] verb. reg. welches in
doppelter Gestalt gefunden wird 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben,
sich bewegen besonders, sich langsam bewegen; eine längst veraltete Bedeutung,
welche noch in der Deutschen Bibel vorkommt. In ihm leben, weben und sind wir.
Man gebraucht es nur noch zuweilen im gemeinen Leben, aber immer in Verbindung
mit dem Verbo leben: alles lebt und webt an ihm, ist an ihm in Bewe- gung.
Einige neuere Schriftsteller haben dieses veraltete Wort wieder in die witzige
Schreibart einzuführen gesucht.
Es webet, wallt und spielet Das Laub um jeden Strauch, Haged.
Der junge Baum webt und schauert, und fühlet die Glieder im
Morgenodem der erweckten Schöpfung, Herd. wo aber die Zweydeutigkeit mit weben,
texere, einen komischen Nebenbegriff veranlasset, der wider die Würde der edlen
Schreibart ist, und die Täuschung der mahlerischen verdirbt. 2. Als ein
Activum. (1) * Langsam hin und her bewegen, schwingen; eine gleichfalls
veraltete Bedeutung, welche auch nur noch in der Deutschen Bibel vorkommt,
besonders von einer Art Opfer, welche empor gehoben und gegen die vier Gegenden
des Himmels beweget wurden. Daher eine Webe weben, Webebrot, Webebrust u. s. f.
allein der Deutschen Bibel. (2) Durch Einschießung eines Fadens in einen
ausgespanntes Aufzug hervor bringen; die einzige noch gangbare Bedeutung.
Leinwand, Tuch, Taffet, Spitzen, Teppicht weben. Auch als ein Neutrum, weben,
lernen, weben können, sich vom Weben nähren.
S. auch Wirken. Daher das Weben. Anm. In allen
Bedeutungen schon bey den ältesten Oberdeutschen Schriftstellern uueban. Im
Schwed. ist vesva, umgeben, bey dem Ulphilas waiban, bey welchem daher auch
Waib eine Krone ist; väfva aber weben, texere, Nieders. weven, Angels. wefan,
Engl. to weave. In den Monseeischen Glossen bedeutet weapon, fluctuare. Man
siehet leicht, daß der Begriff der Bewegung der Stammbegriff ist, und daß
weben, texere, nur eine Anwendung dieses allgemeinen Begriffes auf einen
besondern Fall ist. Verwandte dieses Wortes sind Webel, schweben, schweifen,
Weife, Wiebel, vielleicht auch Wipfel, besonders aber Lat. vivere und Griech.
hier nichtlateinischer Text, siehe Image, zumahl da auch leben
ursprünglich sich bewegen bedeutet. In den gemeinen Mundarten hat man davon die
Iterativa und Intensiva webeln und webern, sich lebhaft, schnell bewegen, von
welchen das letztere noch Ps. 65, 9, in der Deutschen Bibel vorkommt. Im Hause
hevum webeln; mit Händen und Füßen webern. Eben daselbst ist webelig, lebhaft,
thätig, ein webelicher Mensch. Ehedem ward dieses Verbum irregulär conjugirt,
ich webe, wob, gewoben oder geweben, welche Form im Hochdeutschen aber längst
veraltet ist. [
1419-1420]