Vorhaben
, [
1267-1268] verb. irreg. act. (
S. Haben,) vor sich haben. 1. Eigentlich, etwas als ein
Kleidungsstück vor dem Leibe, besonders vor dem untern Theil des Leibes, haben,
doch nur im gemeinen Leben. Eine Schürze vorhaben, damit bekleidet seyn. 2.
Figürlich. (1) Jemanden vorhaben, im gemeinen Leben, ihn vor sich haben,
entweder ihm einen Verweis zu geben, oder ihn zu examinieren; in welchem
Verstande man auch vornehmen sagt. (2) In weiterer und gewöhnlicherer Bedeutung
hat man etwas vor, wenn man eine beschlossene Sache auszuführen sucht, mit den
Anstalten zur Ausführung beschäftiget ist; wodurch es sich von vornehmen und
vorsetzen unterscheidet, welche auf die bloße Verschließung oder Entschließung
gehen. Böses vorhaben, 2 Mos. 10, 10. Der Herr hat gethan, was er vorhatte,
Klag. 2, 17. Den Zug, den Nikanor vorhatte, 2 Marc. 8, 12. Nachdem ich vorhatte
euch zu schreiben, Br. Jud. v. 3. Etwas wichtiges vorhaben. Eine Reise
vorhaben. Die vorhabende Reise, das vorhabende Geschäft, für das Geschäft,
welches man vorhat, ist ein Oberdeutscher Sprachfehler, welcher wider den
Gebrauch der thätigen Mittelwörter streitet. Zuweilen bedeutet dieses Zeitwort
auch überhaupt, im Sinne haben, beschlossen haben, auch von einer künftigen
Sache, deren Ausführung noch entfernt ist. Darf ich nicht wissen, was sie mit
ihr vorhaben? Gell. Was sie in Ansehung ihrer beschlossen haben? Indessen wir
dieses ganze Zeitwort am häufigsten in der vertraulichen Sprechart gebraucht;
in der edlern und von wichtigen Dingen kommt es seltener vor. Vor hat hier
seine eigenthümliche Bedeutung, so wohl des Ortes, als der Zeit, daher es sehr
unschicklich ist, wenn einige Kunstrichter es in dieser letzten Bedeutung
fürhaben geschrieben wissen wollen. Obgleich dieses Zeitwort als ein wahres
Activum mit der vierten Endung verbunden wird, so ist es doch, so wie haben und
seine meisten Zusammensetzungen, im Passivo nicht üblich.
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1269-1270]