Völlig
, [
1233-1234] adj. et adv. völliger,
völligste, welche Comparation doch nur in der dritten Bedeutung am üblichsten
ist. Es ist von voll und der Ableitungssylbe ig, und bedeutet vermöge dieser
Zusammensetzung voll seyend, seine Fülle habend. 1. Von Wörtern, welche eine
Zahl, Maß und Gewicht bedeuten, alle dazu gehörige einzelne Theile habend,
wofür auch so wohl voll als vollkommen gebraucht wird. Ein völliges Gewicht, 1
Mos. 43, 21. Ein völliger Scheffel, 5 Mos. 25, 15. Indessen wird es in dieser
mehr eigentlichen Bedeutung wenig mehr gebraucht; am wenigsten aber in der
Adverbial-Form. Doch sagt man noch ein völliges Jahr, es ist noch nicht völlig
Ein Jahr. 2. In weiterer und gewöhnlicherer Bedeutung, alle nöthige Grade der
Stärke und des Umfanges habend, wie vollkommen, doch nur von Sachen, und auch
hier nur mit einigen Hauptwörtern. Ich habe meine völlige Arbeit, d. i. ich
habe so viel Arbeit, als ich nur bestreiten kann. Eine völlige (vollkommene,
gänzliche) Gleicharbeit. Jemanden völlige Genüge thun, vollkommene. Jemanden
völlige Freyheit lassen. Seinen völlige Staat anlegen, allen seinen Staat. So
auch in der Adverbial-Form, für gänzlich, vollkommen. Ich bin noch nicht völlig
fertig. Er ist ihm völlig gleich. Es ist nicht völlig so groß. Du bist völlig
von meiner Länge. Er schlug es völlig ab. Darin bin ich nicht völlig ihrer
Meinung. In der Deutschen Bibel wird es noch in vielen jetzt veralteten Fällen
für vollkommen überhaupt gebraucht. Der Herr lasse die Liebe völlig werden
unter einander, 1 Thess. 3, 12. Wie ihr sollt wandeln, - daß ihr immer völliger
werdet, Kap. 4, 1, 10. Ich habe deine Werke nicht völlig erfunden, Offenb. 3,
2. Alles, was völlig und herrlich war, Kap. 18, 14. 3. Im engsten Verstande
wird völlig im Hoch- und Niederdeutschen für corpulent gebraucht. Ein wenig
völlig seyn, ein wenig corpulent. Ein völliger Mann. Ein völliges Gesicht
haben, völlig im Gesicht seyn. Vollkommen wird häufig in eben demselben
Verstande gebraucht. Luther gebraucht dieses Wort auf ähnliche Art für massiv.
Das war alles völlig Gold, 2 Chron, 4, 21; von gediegenem Golde. Anm. Schon bey
dem Ottfried, der es sehr häufig für vollkommen überhaupt gebraucht, fullicho,
im Nieders. vullig, im Angels. fullice. Unser heutiger Hochdeutscher Gebrauch
ist nur ein Überbleibsel des ältern. da es so wohl für voll, als auch für
vollkommen gebraucht wurde; daher werden sich auch die Fälle, wo es jetzt noch
gangbar ist, wohl nicht leicht durch Regeln bestimmen lassen.