Verwundern
, [
1183-1184] verb. reg. act. welches in
doppelter Gestalt gefunden wird. 1. Als ein Neutrum. (1) Empfindung des
Ungewöhnlichen erwecken, mit der vierten Endung der Person. Das verwundert mich
sehr, erweckt mir Verwunderung. Wie kann dich das verwundern? Mein langes
Stillschweigen verwunderte ihn. In der edlern Schreib- und Sprechart ist diese
Bedeutung selten. In der vertraulichen gebraucht man dafür das einfache
wundern. Das wundert mich. (2) Die Empfindung des Ungewöhnlichen über etwas
äußern, mit der vierten Endung der Sache; ein nur in der niedrigen Sprechart
üblicher Gebrauch, für das edlere bewundern. Jemandes Verstand verwundern. Das
verwunderte ich an ihm. 2. Am üblichsten ist dieses Wort als ein Reciprocum,
sich verwundern, das Ungewöhnliche selbst empfinden, und diese Empfindung
äußern, deren höchster Grad Erstaunen ist. Das Ungewöhnliche, welches diese
Empfindung veranlasset, bekommt, wenn es ein Nennwort ist, das Vorwort über.
Sie verwunderten sich, da sie solches sahen, Ps. 48, 6. Daß alle, die vorüber
gehen, werden sich verwundern über alles ihre Plage, Jer. 19, 8. Wir haben uns
sehr darüber verwundert. Im Oberdeutschen auch mit der zweyten Endung, welche
Wortfügung auch in der Deutschen Bibel sehr häufig ist, und noch zuweilen in
der höhern Schreibart der Hochdeutschen nachgeahmet wird. Viele, die es
höreten, verwunderten sich seiner Lehre, Marc. 6, 2. Ich verwundere mich des
Gesichts, Dan. 8, 27. Viele verwun- dern sich seiner Weisheit, Sir. 39, 12. und
so in andern Stellen mehr. Es ist nicht genug zu verwundern, wie u. s. f. ist
nur in den Oberdeutschen Kanzelleyen üblich. So auch die Verwunderung, der hohe
Grad der Empfindung des Ungewöhnlichen. Die Verwunderung ist eine Tochter der
Unwissenheit. Das setzt mich in Verwunderung. Die Wörter verwunderbar, für
wunderbar, und verwunderlich für bewunderungswürdig, sind nur in den niedrigen
Spracharten gangbar. [
1183-1184]