Vertrauen
, [
1161-1162] verb. reg. welches in
doppelter Gestalt vorkommt. 1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, seine
Wohlfahrt zuversichtlich von dem andern erwarten, wo es auf doppelte Art
gebraucht wird. So wohl mit der dritten Endung der Person oder Sache, von
welcher man seine Wohlfahrt oder ein Gutes überhaupt erwartet. Einem vertrauen.
Gott vertrauen, dem Herrn vertrauen, sehr oft in der Deutschen Bibel. Du
Heiland derer, die dir vertrauen, Ps. 17, 7. Vertraue unter tausenden kaum
einem, Weish. 6, 6. Vertraue keinem Freunde; du habest ihn denn erkannt in der
Noth, V. 7. Da es denn oft auch für das einfache trauen gebraucht wurde,
jemandes Versicherungen für wahr halten. Als auch mit dem Vorworte auf. Auf
Gott, auf den Herren vertrauen, in der Deutschen Bibel. Ihr Fels, darauf sie
vertrauen, 5 Mos. 32, 37. Aufs eitle vertrauen, Es. 59, 4. Und so in andern
Stellen mehr. Ehedem auch nur trauen. In beyden Fällen ist es in den gemeinen
Sprecharten veraltet, wo man dafür lieber durch eine Umschreibung sagt, sein
Vertrauen auf etwas setzen.
S. auch vertraut. 2. Als ein Neutrum. (1) Ein Ding dem
andern mit zuversichtlicher Erwartung der Sicherheit desselben, übertragen, mit
der vierten Endung der Sache, und der dritten der Person; eine Fortsetzung der
vorigen Bedeutung. Einem etwas vertrauen. Die Menschen vertrauen ihr Leben
geringem Holz, dem Schiffe, Weish. 14, 5. Dem der König viel vertrauete, 1
Macc. 7, 8. Jemanden sein Vermögen, seine Sicherheit vertrauen. Sich jemanden
vertrauen, seine Person, seine Sicherheit, seine Wohlfahrt u. s. f. in dessen
Gewalt geben. So vertraut sich ein Kranker dem Arzte. In engerer Bedeutung
vertrauet man jemanden etwas, wenn es ihm in zuversichtlicher Erwartung seiner
Verschwiegenheit, oder seiner Unfähigkeit eines üblen Gebrauches, entdeckt
wird; im Vertrauen sagen. Jemanden ein Geheimniß vertrauen. Vertraue du ihnen
nichts, wenn sie gleich freundlich mit dir reden, Jer. 12, 6. Vertrauen sie
mirs doch, Gell. Ich möchte ihnen gern ein Paar Worte vertrauen, eben ders. So
auch, als ein Reciprocum: sich jemanden vertrauen, sich ihm entdecken, ihm sein
Anliegen offenbaren. In dieser ganzen Bedeutung ist in der Sprache des
gesellschaftlichen Lebens auch anvertrauen üblich, wo das Vorwort an die
Bedeutung verstärken soll. (2) Verloben, zur Ehe versprechen. Eine Magd seinem
Sohne vertrauen, 2 Mos. 21, 9. Eine Jungfrau, die noch nicht vertrauet ist,
Kap. 22, 16. Ich will euch mir vertrauen, Jer. 3, 14. Ich habe mich vertrauet
einem Manne, 2 Cor. 11, 2. Ingleichen mit dem Vorworte mit. Ich will mich mit
dir vertrauen, Hof. 2, 19. Im Hochdeutschen ist diese Bedeutung ungewöhnlich,
aber nicht im Niederdeutschen, woher Luther sie vermuthlich entlehnet hat.
S. Trauen in der Bedeutung der ehelichen Verbindung.
Schon bey dem Notker in dem Neutro und der ersten thätigen Bedeutung vertrouen.