Vergeßlich
, [
1235-1236] -er, -ste, adj. et adv.
welches gleichfalls so wohl im passiven als activen Verstande gebraucht wird,
so wie das Mittelwort vergessen, von welchem es zunächst abstammet. 1. Im
passiven Verstande, was vergessen werden kann, sich vergessen lässet, im
Gegensatze des unvergeßlich: wo es doch nur zuweilen als ein Nebenwort
gebraucht wird. Deine Wohlthaten sollten mir vergeßlich seyn? Noch häufiger. 2.
Im activen Verstande, der leicht etwas vergißt, im gemeinen Leben auch
vergessen. Ein vergeßlicher Hörer des Wortes, Jac. 1, 25. Sehr vergeßlich seyn.
Ein vergeßlicher Mensch. Anm. Im Nieders. vergeten. Frisch und andere
Sprachlehrer tadeln diese zweyte Bedeutung, so wie den activen Gebrauch des
Mittelwortes vergessen, und erklären ihn ohne Umschweif für einen Mißbrauch.
Allein, sie haben nicht erwogen, daß es im Deutschen, so wie in andern
Sprachen, eine große Menge so genannter passiver Mittelwörter gibt, welche im
thätigen Verstande gebraucht werden, z. B. bedient, ein Bedienter, beweglich,
betrieglich, nachdrücklich, und viele mit ver, verliebt, verdros- sen,
verdient, verderblich, verbuhlt u. s. f. welche noch niemand getadelt hat.
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1235-1236]