Vergeben
, [
1229-1230] verb. irreg. act. (
S. Geben,) welches in verschiedenen Bedeutungen
vorkommt. 1. Falsch geben, von Ver 1 (2) (g). Sich vergeben, sich im Geben oder
Ausgeben irren. Die Karten vergeben, sie falsch geben. Die Karten sind
vergeben. Daher das Vergeben, indem die Vergebung in dieser Bedeutung nicht
üblich ist. 2. Die bestimmten Abgaben von etwas geben, mit dem Accusativ dieses
etwas. Eine Waare vergeben, die Accise, den Zoll davon geben. Der Wein ist noch
nicht vergeben. Sein Vermögen vergeben, die Vermögensteuer davon entrichten. Es
ist hier ein allgemeiner Ausdruck, welcher das versteuern, veraccisiren,
verzollen u. s. f. unter sich begreift. 3. Gift beybringen, und dadurch tödten,
durch Gift hinrichten. Man gebrauchte es ehedem mit der dritten Endung der
Person. Einem im Essen vergeben, Theuerd. Es ist ihm vergeben worden. Leider,
ihm ward vergeben, Hornegk. Im Oberdeutschen sagt man noch jetzt einem mit Gift
vergeben. im Hochdeutschen gebraucht man es nie anders, als mit der vierten
Endung der Person. Jemand vergeben, oder ihn mit Gift vergeben. Er ist vergeben
worden. Katzen und Mäuse vergeben. Sich selbst vergeben. Die Vorsylbe scheint
hier eine Destruction zu bezeichnen,
S. Ver 1 (2) (h). Daher das Vergeben, und, obgleich
seltener, die Vergebung. 4. * Ohne Wirkung, ohne gehofften Nutzen geben, so daß
die Partikel die Bedeutung des Verlustes hat,
S. Ver 1 (2) (c). Es ist in dieser Bedeutung veraltet,
von welcher indessen doch vergebens und vergeblich noch üblich sind. In einigen
Gegenden, z. B. in Obersachsen, wird auch noch das Mittelwort vergeben für das
sonst üblichere vergeblich gebraucht. Einem vergebene Mühe machen, Less. Eine
vergebene Reise, Gell. Vergebene Eide schwören, Raben. 5. * Umsonst, ohne Lohn
geben, eine mit der vorigen sehr nahe verwandte Bedeutung, welche aber
gleichfalls veraltet ist. Das vergebene Himmelbrot, Geb. Frank, das umsonst
gegebene. 6. Weggeben, an einem andern geben, wo ver die erste eigentliche
Bedeutung der Entfernung hat. (1) Eigentlich, wo es doch nur in einigen Fällen
üblich ist. Meine Hand ist schon vergeben. Seine Tochter vergeben, sie jemanden
zur Ehe versprechen, in einigen Gegenden auch, sie ausstatten. Den ausgesetzten
Preis vergeben. Ein Stipendium, ein Amt, eine Bedienung vergeben. Die Stelle
ist noch nicht vergeben. Wenn die Person ausgedruckt werden soll, so bekommt
sie das Vorwort an. Ein Amt an jemanden vergeben. So auch die Vergebung. (2)
Figürlich, mit der dritten Endung der Person, sich oder einem andern etwas
vergeben, etwas von seinen oder des andern Befugnissen zu seinem oder dessen
Nachtheile fahren lassen. Ich kann mir, meinem Rechte nichts vergeben, ich kann
nichts von meinen Gerechtsamen zu meinem Nachtheile fahren lassen. Seinem
Nachfolger etwas vergeben. Seiner Würde etwas vergeben, etwas thun oder dulden,
was seiner Würde nicht angemessen ist. Er vergibt sich nichts, thut oder leidet
nichts, was ihm nachtheilig wäre. 7. Die Schuld und Strafe einer zugefügten
Beleidigung erlassen, und zugleich den durch die Beleidigung verursachten
Unwillen fahren lassen, im mittlern Lat. condonare, perdonare, im Franz.
pardonner. Es scheinet in dieser Bedeutung eine Fortsetzung der vorigen zu
seyn. Es lautet in derselben schon bey dem Ottfried firgeban, im Angels.
forgifan, Engl. forgive. Jemanden ein Verbrechen, eine Beleidigung vergeben.
Vergebet, so wird euch vergeben, Luc. 6, 37. Gott vergibt die Sünde. Das kann
ich dir nicht vergeben. In weiterm Verstande bedeutet es oft den Unwillen wegen
einer Handlung fahren lassen. Ich würde es mir niemahls vergeben, wenn ich ihn
unglücklich gemacht hätte. Vergeben wird in dieser Bedeutung am häufigsten,
theils im theologischen Verstande von Gott, theils auch im gemeinen Leben und
der vertraulichen Sprechart gebraucht; in der edlern, besonders von hohen
Personen, ist verzeihen, und von der gerichtlichen Erlassung der Schuld und
Strafe, begnadigen üblicher. Daher die Vergebung. Die Vergebung der Sünden,
einer Beleidigung u. s. f. [
1231-1232] Anm. Kero gebraucht
farkeban für das einfache geben, der alte Übersetzer Isidors aber firgheban für
constitutum. [
1231-1232]