Unterwinden
, [
1123-1124] verb. irreg. recipr. (
S. Winden;) ich unterwinde mich, unterwunden, zu
unterwinden. 1. * Sich eines Dinges unterwinden, mit der zweyten Endung der
Sache, sich dasselbe zueignen, sich im Besitz desselben setzen; eine im
Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Vnd sulen sih des underwinden, sollen es in
Besitz nehmen, im Schwabensp. Kap. 58. Viel Gutes wart so gar erblosz, daz
nyemand was, der sich seyn underwund, ein alter Geschichtschreiber bey dem Pez,
nach dem Frisch, der es in Besitz nehmen wollte. Die Niedersachsen sagen dafür
sik anewinnen, sich anwinden. 2. Die Bewerkstelligung einer schweren Sache
übernehmen, etwas Wichtiges zu thun sich anheischig machen, und es wirklich
anfangen, wie unterstehen. So wohl mit der zweyten Endung der Sache, auf welche
Art Willeram schon untarwintan gebraucht. Der sich des willigklich unterwand,
es willig unternahm, im Buche Belial von 1472. Der unsrer Leyer sich so eifrig
unterwunden, Scultet. der es wagte, sie zu spielen. Im Hochdeutschen wird diese
Wortfügung wenig mehr gebraucht, außer etwa in der dichterischen Schreibart.
Als auch, und zwar am häufigsten, mit dem Infinitiv und dem Wörtchen zu, wie
unterstehen. Ich habe mich unterwunden zu reden mit dem Herren, 1 Mos. 18, 27.
Sintemahl sichs viel unterwunden haben, zu stellen u. s. f. Luc. 1, 1. Es
unterwunden sich aber etliche - den Nahmen des Herren Jesu zu nennen, Apost.
19, 13. Nicht jedermand unterwinde sich Lehrer zu seyn, Jac. 3, 1. Ob man es
gleich in dieser Form nicht mit unter die veralteten Wörter rechnen kann, so
wird es doch im Hochdeutschen seltener gebraucht, als unterstehen. Anm. Im
Schwed. undervinna. Es ist im Deutschen schon sehr alt, und findet sich bey den
Oberdeutschen Schriftstellern von den frühesten Zeiten an. Die letzte Hälfte
ist das alte Zeitwort winden, winnen, sich bestreben, seine Kräfte anstrengen,
welches außer diesem nur in den Zusammensetzungen gewinnen, überwinden und
verwinden üblich ist. (
S. Winden.) Im Ganzen liegt hier eben dieselbe Figur zum
Grunde, als in unterfangen, unternehmen, unterstehen, suscipere u. s. f. sich
mit Anstrengung seiner Kräfte unter ein Ding zu kommen bemühen, um es zu heben.
An underwint ist bey einem alten Dichter in Eckards Scriptor, so viel als ohne
Verzug. Ottfried gebraucht für sich unterwinden, sih biwanen, welches eben
dasselbe Zeitwort nur mit einem andern Präfixo zu seyn scheinet.
[
1125-1126]