Übertreiben
, [
781-782] verb. irreg. (
S. Treiben.) 1. Übertreiben, ich treibe über,
übertrieben, über zu treiben. (1) Über etwas treiben, der ganzen Oberfläche
nach, und mit Verschweigung derselben. Das Vieh übertreiben, über das Feld,
über die Saat. (2) Über ein gesetztes Ziel der Höhe treiben, oder steigen
machen. So treibt man in der Chemie einen Körper über, wenn man ihn
destilliret, indem man seine flüchtigsten Theile nöthiget, in die Höhe des
Helmes zu steigen und abzufließen. 2. Übertreiben, ich übertreibe, übertrieben,
zu übertreiben, zu sehr treiben. (1) Eigentlich. Das Vieh übertreiben, es
stärker treiben, als dessen Kräfte verstatten. Wenn die säugende Ruhe einen Tag
übertrieben würden, würde mir die ganze Herde sterben, 1 Mos. 33, 13. Einen
Arbeiter, eine Arbeit übertreiben, zu sehr treiben. (2) Figürlich übertreibt
man etwas, wenn man in der Intensität die Gränzen der Wahrheit, der Klugheit,
der Billigkeit, des Üblichen u. s. f. überschreitet. Man übertreibet in einer
Erzählung etwas, wenn man es größer, wichtiger, gefährlicher u. s. f. vorträgt,
als es in der That ist. Eine Strafe übertreiben, schärfer strafen, als es das
Verhältniß des Verbrechens erfordert. Man sagt, jemand übertreibe alles, wenn
er alles zu weit treibet, in keinem Stücke die Gränzen der Wahrheit, Klugheit
u. s. f. beobachtet. Man hat die Lobsprüche der Freundschaft oft auf Kosten der
allgemeinen Menschenliebe übertrieben, Gell. Ein Mahler übertreibt das Colorit,
wenn es an Farbe zu hoch ist. Daher das Mittelwort übertrieben, als ein Bey-
und Nebenwort. Das it übertrieben. Übertriebene Lobeserhebungen. Damit seine
(des Menschenfreundes) allgemeine Güte und Gefälligkeit nicht übertrieben
werde, und selbst in einen Fehler des Herzens ausarte, Gell. Daher die
Übertreibung am häufigsten in dieser letzten figürlichen Bedeutung.