2. Triegen
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679-680] verb. irreg. ich triege, du
triegst, (Oberd. treugst,) er triegt, (Oberd. treugt;) Imperf. ich trog; Conj.
ich tröge; Mittelw. getrogen; Imper. triege. Es bedeutet überhaupt, jemandes
Erwartungen oder Vertrauen zu dessen Nachtheil unerfüllet lassen, und ist in
doppelter Gestalt üblich. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, wo es
absolute und ohne Meldung der Person, deren Erwartungen unerfüllet bleibt,
gebraucht wird, auch nur von Sachen üblich ist. Das Eis triegt, man kann sich
nicht darauf verlassen. Das Wetter, die Hoffnung triegt. Die Sinne triegen oft.
Wer redlich ist und auf die Götter traut, der wandelt nicht auf triegendem
Sumpf, Geßn. 2) Als ein Activum mit der vierten Endung der Person, jemanden
triegen, dessen gegründete Hoffnung zu dessen Schaden hintergehen, oder
unerfüllet lassen, so wohl von Personen als Sachen. In dieser Bedeutung ist es
im Hochdeutschen veraltet, wo Betrieben dafür üblicher ist, (
S. dasselbe.) Man gebraucht es nur noch zuweilen als ein
Reciprocum, sich triegen, sich irren. Trieg ich mich, oder hör ich den
zärtesten Gesang? Geßn. So auch das Triegen. Anm. Bey dem Notker in thätiger
Form triegen, in mittlern Lat. mit einem andern Endlaute trufare, im Ital.
truffare. Da fast alle Zeitwörter, welche eine Hintergehung bedeuten, Figuren
der geschwinden Bewegung sind, durch welche solche am ersten und gewöhnlichsten
bewerkstelliget wird, so scheinet triegen vermittelst des vorgesetzten
intensiven t von regen gebildet zu seyn. Das Hauptwort lautet Trug; viele haben
dieses als das Stammwort angesehen, und wollen daher wider alle Aussprache und
Gewohnheit trügen, betrügen, Betrüger u. s. f. geschrieben wissen. Allein, die
Hauptwörter stammen alle Mahl von Zeitwörtern her und nicht umgekehrt, und
dieses Zeitwort wird im Deutschen sehr bestimmt triegen gesprochen. Die
Selbstlaute sind in den Wörtern keinen Regeln unterworfen, und gehen in der
Abstammung und Beugung durch alle Schattierungen durch. Wie man sagt, triegen,
trog, Trug, so sagt man auch, schließen, schloß, Schluß; fließen, floß, Fluß;
fliehen, floh, Flucht; schieben, schob, Schub; stechen, Sucht; ziehen, zog,
Zucht u. s. f. [
679-680]