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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

Der Treff | | Das Treffen

Treffen

, [657-658] verb. irreg. act. ich treffe, du triffst, er trifft; Conj. ich treffe, du treffest u. s. f. Imperf. ich traf; Conj. ich träfe; Mittelw. getroffen; Imperat. triff. Es ist eine unmittelbare Nachahmung eines gewissen Lautes, daher es ehedem verschiedene Handlungen bedeutete, welche mit diesem Laute verbunden sind, oder unter demselben gedacht wurden. Es bedeutet daher, 1. * Gehen, und in weiterer Bedeutung, den Ort verändern, bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern drephan, treffan. Es scheint in dieser Bedeutung ein Intensivum von traben, oder wie es ehedem lautete, trawan, trafan, schnell gehen, zu seyn, und eigentlich derb und stark gehen, bedeutet zu haben. Indessen ist es in diesem Verstande, vermuthlich um der Vieldeutigkeit willen, längst veraltet, obgleich unser eintreffen, so fern es ankommen bedeutet, noch davon übrig ist. Siehe Traben und Trappen. 2. Mit einem Schlage, Stoße, Wurfe oder einer andern ähnlichen heftigen Bewegung berühren, als eine Nachahmung des Lautes, mit welchem eine solche Berührung verbunden ist. (1) Eigentlich. Nach jemanden schlagen und ihn nicht treffen. Mit der Schleuder treffen, Richt. 20, 16. Jemanden das Herz, oder ihn in das Herz treffen, es sey nun mit einem Stiche, Stoße, Schusse u. s. f. Von einer Kugel getroffen werden. Von dem Donner, von dem Blitzstrahle getroffen werden. Er stand, wie von dem Donner getroffen. Neben dem Ziele treffen. Das Ziel treffen. Wer oft schießt, trifft endlich einmahl. Das Gelenk im Zerlegen treffen. Der Wundarzt hat die Ader nicht getroffen. Wo sich das Zeitwort bald auf das Werkzeug, bald auf die Person, welche sich desselben bedienet, beziehet. Im figürlichen Verstande, fühlt man sich getroffen, wenn man einen Ausspruch auf sich anzuwenden Ursache findet. Daher wurde es ehedem auch sehr häufig für schlagen, stoßen und zuweilen auch für schießen gebraucht, daher denn Treff im gemeinen Leben auch einen Schlag oder Stoß bedeutet. Den Nächsten treffen, daß er stirbt, 5 Mos. 19, 5. Untreu trifft (schlägt) seinen eigenen Herren. Mit dem Feinde treffen, mit ihm schlagen, ihm eine Schlacht, ein Treffen liefern. Von traffen, von nüwen, mit den synden, in dem verdeutschten Livius von 1514. Daß er vff der Syten treffen solt, angreifen, eben daselbst.
Er het geren Von stund an getroffen mit in, Theuerd. Kap. 90.
In dieser Bedeutung ist es jetzt veraltet, doch wird das Hauptwort das Treffen noch in derselben gebraucht. Im Schwedischen ist drabba und dräpa, im Angels. thrawan, und im Arab. darab, gleichfalls schlagen. (2) Figürlich. a) Jemanden treffen, ihn an einem Orte persönlich gegenwärtig finden. Ich habe ihn gesucht, aber ich kann ihn nirgends treffen. Jemanden zu Hause treffen. Wenn er dich hier treffen wird. Mein Brief hat ihn nicht getroffen. ( S. auch Antreffen, welches gewöhnlicher ist.) Ehedem gebrauche man es in noch gewöhnlicherm Verstande für finden überhaupt, welche Bedeutung das Ital. trovare, und Franz. trouver noch haben. b) In weiterm Verstande bedeutet es oft in rinen gewissen Zustand gerathen, gleichfalls von einer Sache als mit dem Schlage getroffen werden. Die Reihe trifft dich. Wenn mich die Reihe treffen wird. Wen wird die Reihe in unserm Hause treffen, mich oder meine Tochter? Gell. Am häufigsten von Dingen, welche als ein Übel angesehen werden. Was ich gesorget, hat mich troffen, (getroffen,) Hiob 3, 25. Ihn trifft Plage und Schande, Sprichw. 6, 33. Die Fluth wird uns treffen, Es. 28, 10. Das Unglück trifft mich. c) Das Gesuchte oder das Verlangte von ungefähr oder durch Versuche, durch Muthmaßung ausfündig machen. Den rechten Weg treffen. Rathen und nicht treffen. Getroffen! Die rechte Melodie eines Liedes treffen. In der Musik ist daher treffen, die Noten und alle durch dieselben vorgeschriebenen Intervalla genau und richtig ausdrucken. Der Mahler trifft, wenn er einen Gegenstand, und besonders die Gesichtszüge einer Person genau nachahmet und ausdruckt. Ein treffendes Band, welches sich genau zu den Umständen schickt. Das ist nicht treffend, schickt sich hierher nicht. d) In einigen Fällen bedeutet es auch so viel wie veranstalten, oder vielmehr eine verlangte Absicht durch seine Veranstaltung gleichsam als von ungefähr erreichen; wo doch die Hauptwörter, mit welchen es in dieser Bedeutung gebraucht werden kann, bereits durch den Gebrauch bestimmt sind. Eine Heirath treffen, heirathen. Eine gute Heirath, eine gute Partie treffen. Eine Wahl treffen, wirklich wählen. Eine gute, eine schlechte Wahl treffen. Eine Allianz, ein Bündniß, einen Vergleich, einen Waffenstillstand treffen. Anstalten zu etwas treffen, machen. Nicht so häufig sagt man auch einen Frieden treffen, d. i. machen oder schließen. e) Berühren, eine im Deutsche veraltete Bedeutung, in welcher es noch bey dem Notker vorkommt. Die Schwedischen trefva und treffa, und das Pohlnische trafiam, haben diese Bedeutung gleichfalls noch. Mit dem vorgesetzten Zischlaute bezeichnet unser streifen eine Art des Berührens. So auch das Treffen. Anm. Bey dem Notker treffan, im Nieders. drapen. Das Hochdeutsche scheinet, vermöge des starken verdoppelten Blasenlautes, ein Intensivum eines veralteten einfachen Wortes zu seyn, welches in unserm traben noch zum Theil vorhanden ist. Da alle Zeitwörter Nachahmungen bestimmter Laute sind, ein und eben derselbe Laut aber mehrern ganz verschiedenen Handlungen eigen ist, so lässet sich daraus die außer dem seltsame Erscheinung nicht nur [659-660] in der Deutschen, sondern auch in allen Sprachen erklären, daß mehrere ganz verschiedene Dinge mit Einem und eben demselben Zeitworte bezeichnet worden. So sind unser traben, triefen, treffen, streifen, treiben (traben machen,) die fremden trouver, Trabs, und hundert andere lauter sehr nahe mit einander verwandte Laute, und tönende Zeichen sehr verschiedener Dinge. [659-660]
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