Trachten
, [
635-636] verb. reg. act. et neutr.
welches im letzten Falle das Hülfswort haben erfordert. 1 * Beobachten, denken,
erwägen, sich das mannigfaltige an einem Dinge vorstellen; lauter längst
veraltete Bedeutungen, von welchen die letzte noch in betrachten übrig ist, (
S. dasselbe.) Ottfried gebraucht drahton noch häufig für
betrachten und bemerken, Drahta für das Nachdenken. In der Parän. Tir. kommt
Trahtu für Gedanken vor. 2. Mit Anstrengung seiner Leibes- und Gemüthskräfte zu
erlangen suchen, zum Ziele seiner angestrengten Bemühungen machen, wie streben
und zuweilen auch ringen, doch unter andern Bildern. Es kommt in dieser
Bedeutung auf gedoppelter Art vor. 1. * Als ein Activum mit der vierten Endung.
trachte nicht Böses wider deinen Freund, Sprichw. 3, 29. Ein loser Mensch
trachtet allezeit Böses und Verkehrtes in seinem Herzen, Kap. 6, 14. In dieser
Gestalt ist es im Hochdeutschen veraltet. 2) Als ein Neutrum, sowohl mit dem
Infinitiv, oder einer Partikel. Saul trachtete David zu spießen, 1 Sam. 19, 10.
Sie trachten Schaden zu thun, Ps. 35, 20. Sie trachteten, wie sie Jesum greifen
möchten, Matth. 21, 46. Wir müssen das einheimische Laster der Familie am
eifrigsten zu verbessern trachten, Gell. Als auch mit dem Hauptworte und dem
Vorworte nach. Nach etwas trachten. Nach Ehre, nach Reichthum, nach einem Amte
trachten. Jemanden nach dem Leben trachten. Unsere Eigenliebe trachtet mit
allen brünstigen Wünschen nach einer ununterbrochene Freude, Dusch. Ehedem
gebrauchte man es auch mit dem Vorworte auf, welche Form aber im Hochdeutschen
veraltet sind.
Wer auf übrig Reichthum tracht, Der wird weiter nichts
erstreben, Logau.
So auch das Trachten Anm. Im Schwed. tragta. Es ist ein
vermittelst der Endsylbe -ten, gebildetes Intensivum von tragen, wie schlachten
von schlagen, wo denn der Übergang des gedehnten a in das geschärfte die
Verwandelung des gelindern g in das härtere ch noth- wendig macht. Diese
intensive Form ist zugleich der Grund des Begriffes der Anstrengung, der mit
diesem Worte verbunden ist. Unter andern veralteten Bedeutungen des Zeitwortes
tragen wurde es auch für sehen, und figürlich für denken, bedenken, wollen,
verlangen und andere Wirkungen des Geistes gebraucht. Auf ähnliche Art ist
sehnen der Form nach ein Intensivum, der Bedeutung aber nach eine Figur von
sehen. Tragen selbst ist eine Art eines Intensivi von einem ältern trahen, Lat.
trahere, welches noch in dem Schwed. tra, verlangen, übrig ist, von welchem die
Intensiva träga, trängta und tragta, sehnlich verlangen und trachten bedeuten.
S. Tragen. [
637-638]