Der Stollen
, [
397-398] des -s, plur. ut nom. sing.
Diminut. das Stöllchen, ein Wort, welches in einer doppelten Hauptbedeutung
üblich ist. 1. Mit dem Begriffe des Stehens, der Festigkeit, Kürze und Dicke,
der Hervorragung u. s. f. (1) Eine Stütze besonders eine kurze dicke aufrecht
stehende Stütze, heißt in manchen Fällen ein Stollen, und in einigen Gegenden
eine Stolle; in andern Fällen eine Stütze, ein Stuhl, ein Fuß, eine Pfoste,
eine Docke u. s. f. Die Bettstollen, die kurzen aufrecht stehenden Säulen an
einem Bettgestelle, die Bettpfosten. In einigen Gegenden werden auch die Füße
an den Bänken und Stühlen Stollen genannt, Bankstollen, Stuhlstollen. Die
Stollen, d. i. kurzen dicken Säulen, an den Geländern, welche sonst auch Docken
heißen. Die Stollen, kurzen starken Füße an einem Hafen, (
S. Stollhafen.) Auf Stollen stehen, Stollen an etwas
machen. Die Stollen an den Hufeisen der Pferde, die kurzen starken senkrechten
Theile hinten an den Eisen, welche die Stelle der Absätze vertreten; und so in
andern Fällen mehr. (2) Ein Absatz einer Hervorragung, gemeiniglich auch nur in
einigen Fällen, wo es in manchen Gegenden gleichfalls die Stolle lautet. So
wird der Absatz an einem Messer bey der Angel die Stolle oder der Stollen
genannt. Figürlich ist bey den Meistersängern der Stollen ein Absatz in einem
Gesetze, welcher aus einigen Versen bestehet. Ein Bar oder Lied bestehet bey
ihnen aus verschiedenen Gesetzen, und ein jedes Gesetz aus zwey Stollen. 2. Mit
dem verwandten Begriffe der Tiefe, der Aushöhlung, des hohlen Raumes, ist der
Stollen im Bergbaue, ein horizontaler Canal, welcher in das Gebirge getrieben
wird, so wohl die Wasser abzuleiten, als Wetter, d. i. frische Luft
einzubringen als endlich auch das Innere des Gebirges zu erforschen. Daher der
Wasserstollen, Tagestollen, Wetterstollen, Suchstollen, ingleichen Erbstollen,
Hauptstollen u. s. f. Den Stollen treiben, ihn graben und verfertigen; ihn
aufnehmen, zu treiben übernehmen; ihn fassen, auszimmern; ihn lösen, Schächte
oder Lichtlöcher auf denselben niedersenken; ihn zuführen, weiter und höher
machen u. s. f. In den gemeinen Sprecharten der Bergleute lautet der Plural
auch wohl Stöllen. Das Schwed. Stola, Engl. Stulm und Böhm. Sstula, bedeutet
gleichfalls einen solchen Stollen. Anm. In der ersten Hauptbedeutung einer
Stütze u. s. f. lautet es im Schwed. Stol, im Böhm. Sstula. Im Niederdeutschen
ist Stal, der Grund eines Deiches oder Dammes, ingleichen der Fuß eines
Tisches. Stellen, Gestell, Stuhl, Stelz, Stolz, u. s. f. sind genau damit
verwandt. Ohne Zischlaut sind in Hamburg Dullen die Pflöcke in dem Borte des
Fahrzeuges, zwischen welchen die Ruder liegen. In der zweyten Hauptbedeutung
gehören zu dessen Geschlechte, doch ohne Zischlaut, unser Dille oder Tülle, das
Oberd. Dohle, ein Abzug, Canal, und das Meißnische Dölle oder Tölle, eine tiefe
Stelle im Acker, worin sich das Wasser sammelt. So sehr die Begriffe der Tiefe
und Hervorragung einander entgegen gesetzt zu seyn scheinen, so nahe sind sie
doch in dem Ursprunge der Wörter verwandt, und man wird nicht leicht ein Wort
in der Sprache finden, in welchem sich nicht beyde vereinigten.
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