Stiften
, [
375-376] verb. reg. act. welches in
einer doppelten Hauptbedeutung üblich ist. 1. Mit dem herrschenden Begriffe der
Spitze. (1) * Stechen, oder mit einem spitzigen Werkzeuge stoßen, berühren, in
welchem Verstande es doch im Hochdeutschen veraltet ist. Verwandt sind damit
das Oberdeutschen stupfen, das Nieders. stippen und Stip, ein Punct, und unser
tupfen, tüpfeln und Tüpfel. Im Oberdeutschen ist stiften und stifteln, mit
Puncten versehen. Gestifteltes Leder, Chagrin. Ein silbernes Gefäß stifteln
oder stiften, welches unsere Goldarbeiter punzellieren nennen. (2) Figürlich,
zu etwas reitzen, eine nur noch in dem zusammengesetzten anstiften übliche
Bedeutung, (
S. dasselbe.) (3) Von dem Hauptworte der Stift, ist
stiften mit einem oder mehrern Stiften versehen. Eine Nestel oder ein
Schnürband stiften, einen Stift daran machen. 2. Mit dem Begriff der Ausdehnung
in die Höhe, ingleichen der Festigkeit, der Dauer. (1) * Bauen, eine längst
veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort ehedem nicht nur stiften, sondern
mit der nicht ungewöhnlichen Verwechselung der Hauch- und Blaselaute, in
manchen Mundarten auch stichten lautete. (2) Figürlich der Grund von dem Daseyn
eines Dinges auf alle künftige Zeiten seyn. (a) Im weitesten Verstande, wo es
nur noch in einigen Fällen üblich ist. An welchem Orte ich meines Nahmens
Gedächtniß stiften werde, 2 Mos. 20, 24. Sich ein ewiges Andenken, ein gutes,
ein schlechtes Andenken stiften. Das erste Testament ward nicht ohne Blut
gestiftet, Ebr. 9, 18. Einen Feyertag, ein Fest stiften, es auf alle künftige
Zeiten anordnen und einrichten. Ein Reich stiften, es gründen, sich die
Unterthanen dazu erwerben und sammeln. Ein Volk, ein Geschlecht stiften. Einen
Gottesdienst, einen Orden, eine Stadt stiften. Aber ein Gesetz stiften u. s. f.
sind nicht mehr üblich. (b) In engerer Bedeutung ist stiften eine Anstalt nicht
nur anordnen und einrichten, sondern auch zu derselben Fortdauer die nöthigen
Kosten auf eine dauerhafte und bleibende Art bestimmen und anweisen. Ein
Kloster, einen Altar, eine Canonicat-Kirche, ein Bisthum, ein Armenhaus, ein
Lazareth, eine Universität, eine Akademie, eine Schule, eine öffentliche
Feyerlichkeit stiften. Wo es denn auch wohl von dem dazu bestimmten und
ausgesetzten Vermögen gebraucht wird. Sein Vermögen zu einem Kloster stiften,
ein Capital zu einer Spende, zu einem Almosen stiften, bestimmen, aussetzen und
auf alle folgende Zeiten niederlegen. Aber von Personen, wie in der Deutschen
Bibel, Priester, Wahrsager, Sänger stiften, ist veraltet. 3. Im weitesten
Verstande ist es oft bloß den Grund eines Dinges enthalten, demselben den
Ursprung, des Daseyn geben, so daß der Begriff der Dauer und Festigkeit großen
Theils verschwindet, oft aber der Begriff der angewandten Bemühung dafür
eintritt. Frieden zwischen zwey streitenden Parteyen stiften. Freundschaft mit
einander stiften. Ein Bündniß stiften. Eine Heirath zwischen zwey Personen
stiften. Aufruhr, Hader, Zank, Unheil, viel Böses, nichts Gutes, viel Gutes
stiften. Die irrigen Geister stiften viel Böses, Sir. 34, 11. Ein großes
Unglück stiften. Keinen Nutzen mit etwas, vielen Nutzen stiften. Aber Lügen
stiften, Sir. 7, 13. Irrthümer stiften, Kap. 23, 3 ist ungewöhnlich. Daher die
Stiftung, nicht allein von der Handlung des Stiftens in der zweyten und dritten
Hauptbedeutung, sondern auch als ein Concretum von einer jeden gestifteten
Sache, Anstalt oder Gebäude. So sind gestiftete Feyertage, Armenhäuser, Klöster
u. s. f. Stiftungen. Es wird hier auch in weiterer Bedeutung von einer jeden
auf alle folgende Zeiten verordneten Anstalt und den dazu ausgesetzten
Einkünften gebraucht, wo das Wort Stift nicht gewöhnlich ist. Anm. In dem alten
Gedichte auf den heil Anno ist stiphten, bauen, verfertigen, Griech. hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, im Isidor stiftan, gründen, im
Schwed. stifta, stiften, im Angels. stigtan. So wie in der ersten
Hauptbedeutung die Spitze der herrschende Begriff ist, so ist es in den zwey
folgenden der verwandte Begriff der Ausdehnung in die Höhe und der Festigkeit,
so daß dieses Wort als ein Verwandter von Stab, steif, stopfen u. s. f.
angesehen werden muß. Die Endsylbe -ten deutet auf ein Intensivum, daher das
eigentliche aber längst veraltete Stammwort stifen, steifen geheißen haben muß.
Unter den veralteten Bedeutungen verdienet besonders Eine angemerket zu werden,
da es in den Monseeischen Glossen auch für ernähren, und in dem alten
Augsburgischen Stadtrechte für lohnen, den Lohn geben, ingleichen auch für
vermiethen, verpachten, gegen Zins, Miethe oder Pacht austhun bedeutet, welches
mit in die zweyte Hauptbedeutung einschlägt.
S. auch das Stift 1. [
375-376]