Stehlen
, [
325-326] verb. irreg. act. ich stehle,
du stiehlst, er stiehlt; Imperf. ich stahl, (im gemeinen Leben ich stohl;)
Conjunct. ich stähle, (im gemeinen Leben stöhle;) Mittelw. gestohlen; Imperat.
stiehl. 1. Im weitesten und allem Ansehen nach ursprüng- lichen Verstande,
etwas in der Stille und mit Heimlichkeit thun, ohne daß es von andern bemerkt
werde; in welcher Bedeutung es nur noch in einigen Fällen und Zusammensetzungen
üblich ist. Sich heimlich aus einer Gesellschaft wegstehlen, sich aus dem Hause
stehlen, sich hinaus stehlen, unbemerkt hinaus schleichen.
Unfalo der vngetrew man Aus dem schiff sich heimlich stal,
Theuerd. Kap. 43. Dieß ist ein Sonnenblick, Der mühsam sich durch eine Wolke
stiehlt, Weiße.
Daher heißt verstohlen noch sehr häufig so viel als heimlich,
unbemerkt. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist stehlen, einem andern
sein Eigenthum heimlich und wider dessen Willen entwenden; durch welche
Heimlichkeit es sich von rauben unterscheidet, welches eine offenbare Gewalt
voraussetzet. Einem andern etwas stehlen, Geld, Vieh, Menschen stehlen. Es ist
mir gestohlen worden. Er stiehlt, wie ein Rabe. Rauben und stehlen.
Wer meinen Ruhm berupft, stiehlt zwar sich selbst nicht reich,
Mich aber stiehlt er arm, Haged.
Ein Buch aus andern zusammen stehlen, zusammen schreiben,
eine die Verfasser zu nennen. In einigen Fällen verlieret sich das Gehässige,
welches die Entwendung des Eigenthumes auf dieses Wort wirft. Jemanden seine
Zeit stehlen, ihn unvermerkt um dasselbe bringen. Jacob stahl Laban das Herz, 1
Mos. 31, 20, setzte sich unvermerkt in Labans Gunst. So auch das Stehlen.
S. auch Diebstahl. Anm. Bey dem Ulphilas stilan, bey dem
Notker, Ottfried u. s. f. stelan, im Angels. stelan, im Nieders. stelen, im
Engl. to steal, im Ital. stela, im Schwed. stjäla. Ihre glaubt, daß es mit
vorgesetztem st von hehlen, verbergen, gebildet worden, in dem stjäla im
Schwed. ehedem für verbergen, gebraucht wurde auch in mehrern Sprachen stehlen,
unläugbar von hehlen abstammet, wie in Schwed. fula, von fela, bedecken, im
Gothischen Hlittus, ein Dieb, von hlifan, bedecken. Allein, da der Begriff der
Heimlichkeit diesem Wort so sichtlich anklebet, so ist es glaublicher, daß es
ursprünglich den schleichenden Laut einer heimlichen Bewegung nachgeahmet hat,
und zugleich das Stammwort von dem Intensivo still ist.
S. dasselbe [
329-330]