Der Stamm
, [
277-278] des -es, plur. die Stämme,
Diminut. das Stämmchen, Oberd. Stämmlein. 1. Eigentlich, der Theil eines Baumes
zwischen der Wurzel und den Ästen, aus welchem diese letztern entspringen. Ein
gerader, hoher Stamm, Sprich. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme, die Kinder
arten gemeiniglich den Ältern nach. In engerer Bedeutung pflegt man zuweilen
auch den untersten dicksten Theil dieses Stammes zunächst an der Wurzel, das
Stammende, nur den Stamm schlechthin zu nennen, so wie man in weiterer, unter
Stamm oft den ganzen Baum verstehet, so fern er um seines Stammes willen
geschätzet wird. Funfzig Stämme Bauholz fällen. Auch in den Baumschulen werden
die jungen Bäume gemeiniglich Stämme, genannt, ohne Zweifel, weil man sie
daselbst um ihrer Stämme willen erziehet, um dieselben nochmahls durch Propfen
veredeln zu können. Im weitesten Verstande, der aber nur in der Kräuterkunde am
üblichsten ist, heißt der Theil einer jeden Pflanze über der Erde, welcher die
übrigen Theile träget, der Stamm; im gemeinen Leben der Stängel. In engerer
Bedeutung bekommt dieser Theil nur den Nahmen des Stammes, Gaulis, wenn er
Blätter und Blüthen trägt; zum Unterschiede von einem Schafte und Strunke. 2.
Figürlich. (1) Dasjenige, woraus ein oder mehrere Dinge Einer Art entspringen.
So pflegt man die Stamm- oder Wurzelwörter, woraus andere entspringen, oft nur
die Stämme dieser zu nennen. In dem l'Hombre-Spiel ist der Stamm oder die
Stammkarte, derjenige Haufe Karten, von welchem die spielenden Personen,
nachdem gegeben worden, die zum Spiele nöthigen Karten nehmen. (2) Diejenigen
Dinge Einer Art, welche von einem gemeinschaftlichen Ursprunge bekommen; als
ein Collectivum, doch mit dem Plural. (a) Mit dem herrschenden Begriffe des
gemeinschaftlichen Ursprunges, wo besonders eine Menge mehrerer von einem
gemeinschaftlichen Stammvater herkommender Menschen ein Stamm genannt wird. Man
gebraucht es hier für Geschlecht, doch nur in einigen Fällen und ohne Plural.
Der ganze Stamm ist ausgestorben. Er ist der letzte seines Stammes. Seinen
Stamm vermehren, sein Geschlecht. Zuweilen gebraucht man es in engerm Verstande
von den Zweigen oder Ästen eines Geschlechtes. Der männliche, der weibliche
Stamm. Am häufigsten aber ist es von einer aus mehrern einzelnen Häusern oder
Geschlechtern bestehenden Menge Menschen, so fern selbige von einem
gemeinschaftlichen Vater abstammen; da denn mehrere solcher Stämme ein Volk
machen. So sind in der Deutschen Bibel die zwölf Stämme Israel bekannt, welche
zusammen genommen das Jüdische Volk ausmachten. (b) In einigen obgleich
einzelnen Fällen verlieret sich der Begriff des gemeinschaftlichen Ursprunges,
und es bleibt nur der Inbegriff der Vielheit übrig, wozu sich noch der diesem
Worte ursprünglich eigene Begriff der Festigkeit und Dauer gesellet. 1. Ein
Capital, eine auf Zinsen ausgethane Summe Geldes wird häufig der Stamm oder
Hauptstamm genannt. (
S. auch Lehensstamm.) Daher auch in manchen Arten von
Spielen, das im Pot befindliche Geld, warum gespielet wird, der Stamm heißt. 2.
Eine Menge Viehes Einer Art, so fern dieselbe auf eine dauerhafte Art der Zahl
und Güte nach erhalten wird, heißt oft ein Stamm. Das Gut hat einen tüchtigen
Stamm von kluft- und weichhärigen Schafen. 3. Im Bergbaue ist der Stamm eine
Zahl von vier Kuren; 32 Stamm (nicht Stämme, nach dem Muster so vieler andern
Wörter, welche eine Zahl, ein Maß, ein Gewicht u. s. f. bedeuten,) machen eine
Zeche oder 128 Kur. Indessen scheinet es hier auch einer andern Ableitung fähig
zu seyn. Anm. Im Schwed. gleichfalls Stamm, im Angels. Stemne, im Engl. Stem,
im Lat. Stemma, alle in der ersten eigentlichen Bedeutung. In der figürlichen
eines Geschlechtes gebraucht schon Winsbeck Stam, Notker aber noch Chumberra,
Chumbarru, vielleicht Chunbarru, von Chunne, Geschlecht. Der Begriff der
Stärke, Dicke und Festigkeit ist sichtlich der herrschende. (
S. Stämmen, Stämmig, Stumpf, Stampfen u. s. f.) Im
Griech. ist hier nichtlateinischer Text, siehe Image, der Stängel,
welches zu dem Lat. Stamen, u. s. f. gehöret, von welchen Stamm ein Intensivum
ist, eine größere Dicke und Stärke zu bezeichnen.
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