Der Stab
, [
261-262] des -es, plur. die Stäbe,
Diminut. das Stäbchen, Oberd. Stäblein, ein Wort, welches überhaupt einen
steifen in die Länge ausgedehnten geraden Körper ohne beträchtliche
verhältnißmäßige Breite oder Dicke bezeichnet. 1. Im weitesten Verstande, ohne
auf die übrige Figur eines solchen Körpers zu sehen, er sey rund, viereckt oder
breit, wo es im Deutschen nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. So
werden viereckig gegossene oder geschmiedete Stangen Gold, Silber, vornehmlich
aber Eisen, so fern daraus andere Dinge verfertiget werden sollen, häufig Stäbe
genannt, wofür auch die Wörter Stange, Barre, und von Gold, Silber u. s. f.
Zain, üblich sind. Nieders. gleichfalls Staff. Ein Stab Eisen, Gold u. s. f. (
S. Stabeisen.) Im Holzhandel und bey den Böttchern,
besonders Niederdeutschlandes, werden die Faßdauben gemeiniglich Stäbe genannt,
Nieders. Staff, Engl. Staff, Schwed. Staf, in welchem Verstande es im Deutschen
im Plural am üblichsten ist. Pipen- stäbe, Tonnenstäbe u. s. f. (Siehe
Stabholz.) Und so noch in andern Fällen mehr. Im Schwed. ist Staf, ein Balken,
und Stabbe eine Säule. 2. In engerer Bedeutung, ein solcher gemeiniglich
kleiner in die Länge ausgedehnter steifer Körper von Holz, wenn er keine andere
eigene Benennung hat. Hölzerne Stäbe. Ein Gitter aus Stäben zusammen setzen.
(1) Eigentlich, wo dieses Wort besonders von solchen Körpern dieser Art
gebraucht wird, deren man sich zum Gehen bedienet, und in der anständigen
Schreib- und Sprechart für das gemeinere Stock üblich ist. Der Wanderstab,
Reisestab, Hirtenstab, Spazierstab, Bettelstab u. s. f. An einem Stabe gehen,
sich aus Alter oder Schwachheit im Gehen eines Stabes bedienen.
Du wer e suel, nu ist din Trit Zu nahe leider bi dem Stabe,
Winsbeck;
ehedem warest du schnell, nun aber ist dein tritt, leider! zu
nahe bey dem Stabe. Palämon hub sich zitternd an seinem Stabe auf, Geßn. Seinen
Stab weiter setzen, figürlich, weiter gehen. Er ist der Stab seines Alters,
seine Stütze. Zuweilen auch, so fern ein solcher oder ähnlicher Stab zum
Schlagen gebraucht wird, für Stock, Stecken. Jemanden mit einem Stabe schlagen.
(2) Figürlich. (a) Ein solcher Stab, so fern er zum Messen gebraucht wird, der
Maßstab. In manchen Gegenden ist der Stab ein Längenmaß von bestimmter Länge.
In Leipzig hält der Stab zwey Ellen oder vier Fuß; in den Tirolischen
Bergwerken aber Eine Elle und drey Finger. (b) Bey den Werkleuten und in der
Baukunst wird ein jedes rundes Glied in den Verzierungen, welches einen halben
Zirkel ausmacht, ein Stab genannt; bey dem Vitruv Torus, Französ. le Tore,
Ital. il Toro, bey dem Goldmann der Pfuhl. Man theilet ihn in den ganzen Stab,
und in den Viertel-Stab, welcher letztere auch der Wulst genannt wird. Ein
solches kleines nach einem halben Zirkel ausgebogenes Glied, wird alsdann auch
das Stäbchen genannt, Astragalus, bey andern der Ring, oder der Reifen. An den
Kanonen hat man den Hinterstab und Vorderstab, welche beyde eben solche
Verzierungen sind. (c) Schon von den ältesten Zeiten her war der Stab ein
Sinnbild der höchsten so wohl richterlichen als oberherrschaftlichen Gewalt,
und er ist es in vielen Fällen noch, ob er gleich in manchen Fällen in den
zierlichen Zepter übergegangen ist. Als ein Merkmahl der richterlichen Gewalt
ist er noch in den Criminal-Gerichten üblich, wo zum Zeichen des unabänderlich
gesprochenen Todesurtheiles noch der Stab über einen solchen Delinquenten
gebrochen wird. Daher bezeichnet man ehedem die höhern Gerichte mit dem Nahmen
des Stabes oder der Stabgerichte, obgleich in einigen Gegenden das letztere
Wort nur die niedere Gerichtbarkeit bezeichnet. (
S. Stabgericht.) Unter einem Stabe stehen, unter dessen
Gerichtbarkeit. Der Hofstab, die Gerichtbarkeit über den Hof. Der Bürgerstab,
die Civil- oder bürgerliche Gerichtbarkeit. Der Lehensstab, die lehensherrliche
Gerichtbarkeit. Der Krummstab, (eigentlich, der an einem Ende gekrümmte
Hirtenstab, als ein Sinnbild der bischöflichen Würde) die weltliche
Gerichtbarkeit eines Bischofs. In einigen Gegenden der Schweiz bedeutet der
Stab das Rathhaus mit der davon abhängigen Gerichtsstätte. Auch die bloße
befehlende Gewalt wurde ehedem durch einen Stab bezeichnet, welches heutiges
Tages in vielen Fällen noch geschiehet. Der Heroldsstab, Marschallsstab,
Commando-Stab und so ferner. Daher ist im Kriegeswesen der Stab noch jetzt ein
Collectivum, die Höhern befehlhabenden Officiere einer Armee, eines Corps, ja
nur eines Regimentes zu bezeichnen. Der Regiments-Stab, die sämmtli-
[
263-264] chen höhern Officiere von dem Major an,
denselben mit eingeschlossen. Der General-Stab, die Generals-Personen. Oft
bedeutet der Stab auch nur den commandirenden Officier einer Anzahl Truppen,
sie sey übrigens so groß oder klein, wie sie wolle, wenn derselbe nur
wenigstens ein Major ist. Das Regiment liegt auf den Dörfern, der Stab aber
befindet sich in der Stadt. In dieser ganzen Bedeutung ist es nur allein im
Singular üblich. Anm. Schon bey dem Ottfried Stab, im Nieders. Staff und im
Plural Stäve, im Schwed. Staf, im Angels. Staef, im Engl. Staff, im Alban.
Stap. Es ist wohl außer allem Zweifel, daß der Begriff des Steifen hier der
herrschende ist, so daß es mit diesem Worte und dessen Verwandten, dem Lat.
Stipes, dem Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe Image,
unserm Stubbe u. s. f. Eines Geschlechtes ist. Zu den figürlichen Bedeutungen
dieses Wortes gehören auch das Schwed. Staf, eine Linie, und nach einer noch
weitern Figur, ein Buchstab, und das Nieders. Stäve, Schrift, ohne Zweifel,
weil die älteste nordische Schrift größten Theils aus geraden Linien bestand.
S. Buchstab, in dessen letzten Hälfte sich diese Bedeutung
noch erhalten hat, ingleichen Staben. [
263-264]