Springen
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239-240] verb. irreg. neutr. ich
springe, du springst u. s. f. Imperf. ich sprang, (im gemeinen Leben sprung);
Conj. spränge, (im gemeinen Leben sprünge); Mittelw. gesprungen; Imperat.
springe oder spring. Es bekommt am häufigsten das Hülfswort seyn, zuweilen aber
auch haben, und ist wie alle Zeitwörter ursprünglich eine Onomatopöie, welche
den Laut derjenigen Handlungen, welche sie bezeichnet, genau nachahmet. Diese
Handlungen sind besonders von doppelter Art. 1. Von trocken, elastisch oder
scharf gespannten Körpern sagt man, wenn sie schnell und mit einem gewissen
eigenthümlichen Klange zerbrechen, daß sie springen; in welchem Falle es
allemahl das Hülfswort seyn erfordert. Das Glas springt, ist gesprungen. Die
Saiten springen, wenn sie zu straff gespannet werden. Die Schoten springen auf,
wenn sie reif sind. Wo denn oft der Hauptbegriff des Klanges verschwindet und
die bloße schnelle Öffnung eines trocknen oder elastischen Körpers übrig
bleibt. Die Haut springt auf, ist aufgesprungen. Oft gesellet sich dazu der
folgende Begriff der schnellen Veränderung des Ortes. Der Knopf springt von dem
Kleide.
S. auch Aufspringen, Zerspringen. 2. In sehr vielen
Fällen ist springen der eigenthümliche Ausdruck einer sehr schnellen Bewegung
mit Überschreitung oder doch unmerklicher Berührung der Zwischenräume, wo allem
Ansehen nach gleichfalls eine Onomatopöie zum Grunde liegt. (1) Von flüssigen
Körpern sagt man, daß sie springen, wenn sie durch Druck gezwungen werden,
schnell und in einem langen Strahle aus einer Öffnung hervor zu brechen,
besonders wenn es aufwärts geschiehet. Es erfordert hier gleichfalls das
Hülfswort seyn. Das Wasser springt aus der Röhre, springt zehn Schuh hoch.
Einen Springbrunnen springen lassen. Das Blut sprang aus den Adern. Wenn die
Zeitdauer dabey bestimmt wird, so erfordert es das Hülfswort haben. Die Fontäne
hat den ganzen Tag gesprungen. In weiterer Bedeutung wird es oft für quellen
von dem Wasser gebraucht, reichlich aus der Oberfläche der Erde hervor brechen,
daher eine sichtbare Quelle über der Erde auch im gemeinen Leben ein Spring
genannt wird. Das Wasser springt aus einem Felsen. Besonders in der
Zusammensetzung entspringen, welches nach einer noch weitern Figur auch
entstehen überhaupt bedeutet, welche Bedeutung auch in Ursprung Statt findet.
Schon im Isidor ist arspringan, entstehen. (2) Von harten und elastischen
leblosen Körpern, sich schnell und mit Überschreitung oder doch unmerklicher
Berührung der Zwischenräume in die Ferne bewegen, besonders wenn es in einer
krummen Linie geschiehet, gleichfalls mit dem Hülfsworte seyn. Die Erbsen
springen aus dem Schoten. Es sprang ein Stück von dem Steine in das Fenster.
Vor großer Hitze ist die Farbe von dem Holze gesprungen. So auch abspringen,
ausspringen u. s. f. Eine Mine springen lassen, sie anzünden. Einen Ducaten,
zehn Thaler springen lassen, figürlich sie ausgeben. (3) Von lebendigen
Geschöpfen, den Ort schnell, mit Erhebung des Körpers und Überschreitung der
Zwischenräume verändern. Es bekommt hier das Hülfswort seyn, so oft der Ort
entweder ausdrücklich gemeldet oder doch darunter verstanden wird; außer dem
aber das Hülfswort haben. Er ist vor Freuden in die Höhe gesprungen. Über den
Graben, über einen Stein, zum Fenster hinunter, in das Wasser, an das Land, von
dem Wagen, aus der Kutsche, aus dem Bette, auf den Tisch springen. Der Hund
springt über den Stock. Heuschrecken und Flöhe springen. Gesprungen kommen, (
S. Kommen.) Wenn aber nicht die geringste Beziehung auf
den Ort, welchen man durch Springen überschreitet, dabey ist, so stehet haben.
Wir haben den ganzen Tag gesprungen und getanzet. Hingegen sagt man: das Kind
ist den ganzen Tag herum gesprungen, weil hier die Bestimmung des Ortes in dem
Nebenworte herum lieget. Daß es, wenn es zu einem Reciproco wird, haben
bekommen müsse, verstehet sich ohnehin. Wir haben uns müde gesprungen.
Figürliche Arten des Ausdruckes sind: Vor Freuden, vor Zorn, vor Ärgerniß aus
der Haut springen wollen, einen sehr hohen Grad unruhiger Leidenschaften zu
bezeichnen. Jemanden über die Zunge springen lassen, ihn verleumden, ihm
vorsätzlich Böses nachreden, um ihm zu schaden. Jemanden über die Klinge
springen lassen, ihn niederhauen. Hingegen bedeutet dieses Wort figürlich. (a)
Sich schnell aus einem verwahrten Orte entfernen, in einigen Fällen. Aus dem
Kloster, aus dem Gefängnisse springen; in welcher Bedeutung doch das zusammen
gesetzte entspringen üblicher ist. (b) Von dem männlichen Geschlechte größere
Thiere für befruchten, begatten, weil dasselbe mit einem Sprunge verbunden ist,
wo es zugleich das Hülfswort haben bekommt. Den Hengst springen lassen. Der
Ochs hat gesprungen.
S. auch Bespringen. So auch das Springen, Siehe auch
Sprung. Anm. Schon im Isidor kommt springan für quellen und bey dem Willeram
für exsultare vor. Im Angelsächsischen lautet es gleichfalls springan, im
Niederdeutschen springen, im Englischen to spring, im Schwed. springa, im Span.
brincar. Die Stammsylbe ist rin, und so wohl die Vorlaute s und p als auch der
Endlaut g dienen zur nähern Bezeichnung des eigenthümlichen Lautes. Das Griech.
hier nichtlateinischer Text, siehe Image, quellen, ist freylich
damit verwandt, druckt aber mehr den rauschenden als klingenden und springenden
Laut des hervor quellenden Wassers aus. Sprießen ist von springen nur im
Endlaute verschieden. Das Activum oder vielmehr Factitivum von unserm Neutro
ist Sprengen,
S. dasselbe. [
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