2. Die Spille
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207-208] plur. die -n, Diminut. das
Spillchen, ein in den gemeinen Sprecharten für Spindel sehr gangbares Wort,
welches so wie dieses theils den Begriff der Spitze, theils aber auch der Länge
und Ründe hat, wozu noch zuweilen der Begriff der Bewegung um die Achse kommt.
1. Mit dem herrschenden Begriffe der Spitze, ist die Spille ein zugespitztes
Hölzchen, welches man wie einen Kräusel zwischen den Fingern der rechten Hand
herum drehet, darauf zu spinnen; im Hochdeutschen die Spindel. (
S. Spillmagen.) An dem Woll- oder Schweizerrade zum
Wollspinnen sind die Spillen ähnliche dünne Hölzchen, worauf die Baumwolle
gesponnen wird. Im Jagdwesen sind die Spillen kleine spitzige Pflöcke, das
Wachtelgarn damit zu befestigen, daher sie auch Spieße und Pfahlhölzchen
heißen. In einigen Gegenden heißen die Ähren, welche gerade in die Höhe stehen,
Spillen, und das Zeitwort spillen bedeutet alsdann in die Ähre schossen. Im
Engl. ist Spill, ein Zapfen, Nagel, im Ital. Spillo, so wohl eine Stecknadel
als auch der Zapfen an einem Fasse. Die Spille am Leiterwagen, welche quer
durch die beyden Arme und durch die Deichsel gehet, um beyde zusammen zu
halten, scheinet gleichfalls ein Nagel zu seyn, oder doch ursprünglich gewesen
zu seyn. 2. Mit dem Hauptbegriffe der Länge und Ründe ist die Spille in sehr
vielen Fällen eine Welle oder Walze, welche, wenn sie groß und dick ist, auch
wohl ein Spillbaum genannt wird. So ist die Spille auf den Schiffen eine
bewegliche Welle, den Anker damit hinauf zu winden, da denn auch die ganze
Maschine, welche eigentlich eine Winde ist, diesen Nahmen führet. In einem
andern Verstande sind die Spillen die Stangen auf den Masten, von welchen die
Flaggen und Wimpel wehen, wo aber auch der Begriff der Spitze Statt findet. Bey
den Bergleuten werden diejenigen eisernen Stangen, woran die Kunststangen
befestiget sind, Spillen genannt. Ein Knochen des Vorderarmes, welcher einer
Radspeiche gleicht, wird so wohl die Speiche als die Spille genannt. Bey den
Nadlern heißt der zu den Nadelköpfen aufgesponnene Draht die Spille, welcher
Nahme vermuthlich zunächst demjenigen Drahte zukommt, worauf dieser Knopfdraht
gesponnen wird. (
S. Spillenschneider.) Bey den Steinschneidern sind die
Spillen kegelförmige Zapfen, welche die Schneide zum Schneiden tragen. Und so
in andern Fällen mehr, in welchen man im Hochdeutschen und in der anständigern
Sprechart lieber Spindel gebraucht. Anm. Es ist aus diesem Spindel zusammen
gezogen, sondern ein eigenes aber doch nur im Endlaute verschiedenes Wort.
Speiche, Speer, Spier, Spieß, Spitze u. s. f. sind alles Wörter Eines Stammes,
in welchen theils der Begriff der Spitze, theils der Länge und Dünne, theils
auch der Bewegung um die Achse, und folglich auch der Ründe, der herrschende
ist. Spille ist ein Intensivum von Speil, Nieders. Spieler und Spuhle, womit
ohne Vorlaut auch Beil, Pfahl, Pfeil, Welle u. s. f. verwandt sind.
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