Speisen
, [
181-182] verb. reg. welches in
doppelter Gestalt üblich ist. I. als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben
erfordert. 1. Speise, d. i. Nahrung in fester Gestalt zu sich nehmen, wo es in
der anständigen Sprechart für das gemeine essen gebraucht wird. Wir werden bald
speisen. Sie speisen noch. Ich habe heute allein gespeiset. Bey jemanden
speisen. Mit jemanden speisen. Zu Mittage, zu Nacht speisen. Des Tages nur Ein
Mahl speisen. Ingleichen, seine Nahrung gewöhnlich an einem Orte oder bey
jemanden zu sich nehmen. Bey einem Gastwirthe speisen. Auf der Stube speisen.
Nahrung geben, sättigen, von den Speisen und Nahrungsmitteln; eine nur in
einigen Provinzen übliche Bedeutung. Das Schwarze Brot speiset besser, als das
weiße. Auch das Schwed. spisa, ist in dieser Bedeutung des Sättigens üblich.
II. Als ein Abstractum. 1. Als Speise zu sich nehmen, auch für das gemeinere
essen. Was wollen sie heute speisen? Braten, Fische u. s. f. speisen. 2. Speise
reichen oder durch andere reichen lassen. (1) Eigentlich, wo es wohl von
einzelnen Mahlzeiten, als auch von der gewöhnliche Beköstigung gebraucht wird,
es geschehe nur für Bezahlung oder ohne dieselbe. Ich habe heute sechs Personen
zu speisen. Der Koch speiset die Gäste, wenn er die Speisen für dieselben
zurichtet. Hungert deinen Feind, so speise ihn, Sprichw. 25, 21. Ein Gastwirth
speiset, wenn er die Gäste für Bezahlung mit den nöthigen Speisen versorget. Es
ist in dieser Bedeutung von Menschen am üblichsten, dagegen von Thieren futtern
gewöhnlicher ist, außer im allgemeinsten Verstande, die Nahrung veranstalten,
entstehen lassen; denn so kann man auch sagen: Gott speiset die Raben. (2)
Figürlich. (a) Jemanden mit leerer Hoffnung speisen, ihn mit leerer Hoffnung
unterhalten. (
S. auch Abspeisen.) Einen Fischteich speisen, ihn mit
kleinen unedlen Fischen besetzen, damit selbige den größern edlern zur Nahrung
dienen. Die Müller speisen die Mühlsteine, wenn sie Körner aufschütten, damit
selbige etwas zu mahlen haben. (b) * Ehedem sagte man auch, eine Festung
speisen, d. i. sie mit Proviant, Lebensmittel versehen, in welcher Bedeutung es
aber im Hochdeutschen veraltet ist. (c) Austheilen, reichen; eine nur in
einigen Fällen übliche Bedeutung. In großen Haushaltungen heißt speisen,
ausspeisen und ausspenden, die zu den Speisen nöthigen Materialien ausgeben. So
speiset der Küchenmeister das Fleisch, Federvieh u. s. f. aus, wenn er es den
Köchen zur Zubereitung übergibt. Auch die Deputate bey der Kellerey an Wein,
Bier und Brot, werden an den Höfen ausgespeiset, d. i. an die Behörde
ausgespendet oder ausgetheilet. Sehr häufig wird dieses Wort auch von der
Richtung oder Austheilung des Abendmahles gebrauchet. Die Communicanten
Speisen. Einen Kranken speisen. Sich zu Hause speisen lassen. Es scheinet, daß
es in dieser letzten Bedeutung des Austheilens nur ein sehr weitläufiger
Seitenverwandter von speisen, essen und zu essen geben, ist, und mehr zu
spenden gehöret. Merkwürdig ist dabey, daß das Griech. hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, im Futuro hier
nichtlateinischer Text, siehe Image hat, oder vielmehr das Futurum von
dem Zeitworte hier nichtlateinischer Text, siehe Image oder
hier nichtlateinischer Text, siehe Image, entlehnet hat. Im
Schwed. ist spisa gleichfalls darreichen. (
S. Spenden.) So auch das Speisen und die Speisung,
welches letztere aber nur in der zweyten Hauptbedeutung des Activi gebraucht
wird. Anm. Im Schwabenspiegel spisen, im Schwed. spisa. Die Niederdeutschen
scheinen dieses Zeitwort eigentlich nicht zu kennen, sondern es bloß von den
Hochdeutschen zu entlehnen. Wachter war ungewiß, ob er es von hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, libare oder von Cibus, (
S. Kauen, Kiefer) ableiten sollte; Frisch ließ es
gezwungen genug von Spezerey abstammen, und Ihre hält das Ulphilanische wisan,
essen, für das Stammwort. Die letzte Ableitung ist die wahrscheinlichste, indem
auch Ottfried Vuist für Speise gebraucht. (
S. Wesen, Weide und Weiden.) Noch näher gehöret hierher
unser beißen, das alte Oberdeutsche Imbiß, unser Beitze, Lockspeise u. s. f.
Das vor einem Mitlauter ist allemahl zufällig, und es scheinet, daß es hier
intensiv ist, dagegen beißen seine Intension in dem in der Mitte verdoppelten s
hat. Im Böhmischen ist Pice Futter. Die Lateinischen pascere, pastus u. s. f.
gehören gleichfalls zu diesem Stamme. [
181-182]