Die Sonne
, [
143-144] plur. die -n, ein beständig
leuchtender Himmelskörper, welcher den ihm zugetheilten dunkeln Körpern oder
Planeten Licht und Wärme ertheilet. 1. Eigentlich. Die Fixsterne sind so viele
Sonnen, deren jede die Quelle des Lichts und der Wärme für ihre Planeten ist.
Einen einzigen nebeligen Stern verwandelt das Fernglas in einen Himmel voll
Sonnen. Kästn. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung verstehen wir unter der
Sonne schlechthin denjenigen leuchtenden Himmelskörper, welcher unserer
Erdkugel Licht und Wärme mittheilet. Die Sonne geht auf, geht unter. Der
Aufgang der Sonne. Die Sonne scheinet, wenn sie gesehen wird. Die Sonne zieht
Wasser, im gemeinen Leben, wenn sie zwischen zwey dichten Wolken durchscheinet,
wobey man helle Streifen an dem Himmel siehet. (
S. Sonnenzopf.) Die Sonne bettet unter sich, auch im
gemeinen Leben, wenn sich die Wolken am Tage unter der Sonne zusammen ziehen,
worauf ungestüm Wetter folgen soll. Die Oberdeutsche Declination, in der
zweyten und dritten Endung der Sonnen für der Sonne ist den Hochdeutschen
eigentlich fremd, ob man sie gleich bey manchen Schriftstellern häufig findet.
Es geschiehet nichts Neues unter der Sonnen, Pred. 1, 9. Sich der Sonnen
freuen, Kap. 7, 12. Außer wenn es ohne bestimmten Artikel stehet, da es aber
der angehängte Artikel ist. Vor Sonnen Aufgang. Nach Sonnen Untergang. Welche
Form auch in den folgenden Zusammensetzungen Statt findet. 2. Figürlich. (1)
Sehr häufig verstehet man unter dem Worte Sonne die Sonnenstrahlen. Die Sonne
sticht, brennet. Von der Sonne verbrannt. Etwas an die Sonne, in die Sonne
legen. In die Sonne gehen, treten, im Gegensatze des Schattens. Bey den
ehemahligen Kampfspielen wurde den Kämpfern die Sonne gleich ausgetheilet, d.
i. sie wurden so gestellet, daß die Sonne keinem mehr in das Gesicht schien als
dem andern. (2) In der Deutschen Bibel wird Gott mehrmahls figürlich die Sonne,
die Sonne der Gerechtigkeit genannt. Auch erhabene Personen, welche Erkenntniß
und Thätigkeit um sich her verbreiten, werden in der höhern Schreibart Sonnen
genannt. Noch mehr wird dieses Wort in der dichterischen Sprache der Liebe
gemißbraucht, wo nicht nur schöne Augen, sondern auch schöne Personen selbst
Sonnen genannt werden. Selbst Buhlerinnen wollen mit der Sonne verglichen seyn,
ob sie gleich, wie Theophile sagt, ihr in nichts weiter ähnlich sind, als daß
beyde für jemanden sind. (3) Der Tag, der Anbruch des Tages, doch nur in der
höhern Dichtkunst.
Mit jeder Sonne soll mein lauter Lobgesang. Von allen Welten
wiederhallen, Raml.
Anm. Schon im Isidor und bey dem Kero Sunnu, bey dem Ottfried
Sunna, bey dem Ulphilas Sunno, im Nieders. Sunne, im Angels. Sunna, Sunaa, im
Engl. Sun, bey den Krainerischen Wenden Sonze. Es ist ohne allen Zweifel ein
Abkömmling von scheinen und sehen, weil das Licht das eigenthümlichste Merkmahl
dieses Himmelskörpers ist, dessen helles Licht durch das intensive verdoppelten
bezeichnet wird. Das einfachere Sun war von sehen ehedem sehr gangbar; so ist
z. B. bey dem Notker Anasune, das Angesicht. In dem alten Gedichte auf den
heiligen Anno heißt die Sonne mit dem nahe verwandten m, Summi, welches die
Verwandtschaft mit Sommer bestätiget. Mit einem andern Endlaute heißt dieser
Himmelskörper im Schwed. Sol, im Dänischen Soel, im Lettischen Saule, im lat.
Sol, im Wallis. Hawl, im Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe
Image, welche zunächst von einem veralteten Sahl, Glanz, Licht,
abstammen. (
S. 1. Sahl.) Bey vielen alten Oberdeutschen
Schriftstellern, z. B. den Schwäbischen Dichtern, ist dieses Wort männlichen
Geschlechtes, ther Sunne.
S. auch Süd. Sonnen, verb. reg. act. an die Sonne legen,
den Sonnenstrahlen aussetzen. Die Betten sonnen. Die Hühner sonnen sich, wenn
sie sich an oder in die Sonne legen.
Hier fand ich auch den Amor, Der seine Flügel sonnte, Haged.
So auch das Sonnen. Anm. In einigen gemeinen Mundarten
sönnen, im Nieders. sunnen, sunnigen. Andere, besonders Obersächs. Mundarten
gebrauchen dafür auch sömmern.
S. dasselbe. [
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