Seufzen
, [
67-68] verb. reg. neutr. welches das
Hülfswort haben erfordert, den Athem mit einem diesem Zeitworte angemessenen
Klange in sich ziehen und wieder ausstoßen, welches ein Mehrmahl eines geheimen
Kummers, einer stillen Betrübniß, und eines merklichen Grades der Sehnsucht
ist. Wenn der Gottlose herrschet, seufzet das Volk, Sprichw. 29, 2. Tief
seufzen. Zu Gott seufzen. Über jemanden seufzen, aus geheimen Kummer über das
von ihm zugefügte Leiden. Nach etwas seufzen, zum Zeichen der Sehnsucht; ehedem
auch um etwas seufzen. Wie hatten wir nach dieser Zeit geseufzet! Jemanden sein
Leid mit Seufzen, oder seufzend, klagen. Seufzen, ächzen und stöhnen drucken
ähnliche, aber doch noch sehr verschiedene Laute aus; die beyden letztern
bezeichnen Töne, welche von einem höhern Grade auch körperlicher Schmerzen ver-
ursachet werden, dagegen seufzen am häufigsten dem stillen, unterdrückten
Kummer eigen ist. So auch das Seufzen. Anm. Bey dem Ottfried, Notker und andern
alten Oberdeutschen Schriftstellern suften, süften, supfen, im Niederd. suften
und zuften, und mit einem andern Endlaute des Stammwortes suchten, zuchten,
Holländ. zugten, Schwed. sucka, bey dem Ulphilas svogjan. Die Endsylben zen,
ten, jan, und die Verdoppelung des Gaumenlautes in dem Schwed. sucka,
bezeichnen ein Intensivum, dessen Stammwort noch in dem Angels. seosian, sican,
Engl. to sigh, Lappländ. sagam, seufzen übrig ist. Diese sind unmittelbare
Nachahmungen des mit dem Seufzen verbundenen Lautes, der am Ende des Wortes
bald mit dem f, bald mit dem ch oder g ausgedruckt wird. Aus der letzten Form
erhellet, daß unser Seuche, siech, siechen und Sucht Figuren von dem alten
suchen, stechen, seufzen sind. Es wird solches durch Ottfrieds quimon, seufzen
(Lat. gemere) bestätiget, welches in dem Nieders. quimen noch jetzt stechen
bedeutet. [
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