2. Setzen
, [
61-62] verb. reg. act. nur daß einige
Oberdeutsche Mundarten im Imperf. für setzte, satzte, und im Mittelworte
gesatzt für gesetzt sagen. Es ist das Factitivum von sitzen, und bedeutet
eigentlich sitzen machen, in weiterm Verstande aber auch stehen machen, und in
noch weiterm, einem Dinge einen gewissen bestimmten Ort geben. 1. Sitzen
machen, in der eigentlichen Bedeutung des Neutrius, sitzen, sich auf den
Hintern niederlassen. (1) Eigentlich. Ein Kind auf den Stuhl, auf den Tisch,
auf den Schoß setzen. Jemanden auf das Pferd setzen. Ingleichen als ein
Reciprocum, sich setzen, wofür in der anständigen Sprechart der feinern Welt
oft sich niederlassen üblich ist. Setzen sie sich, oder lassen sie sich nieder.
Sich auf den Stuhl, auf die Bank, auf den Tisch, auf den Thron, auf das Fenster
setzen. Sich auf das Pferd, oder zu Pferde, sich auf den Wagen, in die Kutsche
setzen. Sich zu Tische setzen. Sich in den Koth, in den Schatten, in das
Wasser, in die Thür setzen. Sich an das Fenster, an den Ofen, an das Feuer
setzen. Sich hinter den Ofen setzen. Sich oben an, unten an setzen. Der Vogel
setzt sich auf den Ast, an die Erde. Daher die figürlichen R. A. jemanden auf
den Thron setzen, ihn zum regierenden Herren machen, ihn zur königlichen oder
fürstlichen Würde erheben. Sich selbst auf den Thron setzen. Sich vom Pferde
auf den Esel setzen, seinen Zustand verschlimmern. Setzen sie sich an meine
Stelle, stellen sie sich vor, als wenn sie an meiner Stelle, an meiner Person
wären. Man kann nicht richten, ohne sich in die Lage desjenigen gesetzt zu
haben, den man richtet. Sich auf den Kopf setzen oder stellen, alles anwenden,
alle Kräfte anstrengen. Und wenn ihr euch auch auf den Kopf setzet, sollt ihr
sie nicht sehen, Weiße. Sich über andere hinweg setzen, erheben, sich mehrere
Vorzüge zuschreiben. Es gibt Tugend, welche die Unglücklichen weit über den
verzärtelten Glücklichen hinweg setzen. Er glaubt, daß sein Adel ihn über diese
Pflicht hinweg setze, oder wegsetze. Die- ses Capital setzt dich über alle
Bedürfnisse hinaus, sichert dich vor allen Bedürfnissen. Ein Schiff setzt sich
auf den Grund, wenn es auf den Grund läuft, strandet. (2) Figürlich. (a) Ein
flüssiger Körper setzt sich, wenn das Trübe auf den Boden sinkt. Das Bier hat
sich noch nicht gesetzt. Von dem in einem flüssigen Körper befindlichen Trüben
sagt man gleichfalls, daß es sich setze, oder sich auf den Boden setze. Die
Hefen setzen sich auf den Boden. (
S. Satz.) Im Hüttenbaue scheinet es auch thätig üblich
zu seyn, indem die Erze daselbst gesetzet werden, wenn sie geschlämmet oder
gewaschen werden, so daß sich daß gepochte Erz zu Boden setzt.
S. Setzbühne. (b) Eine Geschwulst setzt sich, wenn sie
nach und nach niedriger und kleiner wird. Eben so sagt man auch zuweilen, das
Wasser setze ich, wenn es niedriger oder kleiner wird. Der Teig setzt sich,
wenn er niedriger wird, nach und nach zusammen fällt. Beyde figürliche
Bedeutungen können als die erste und eigentliche angesehen werden, indem der
Begriff der Niedrigkeit, des untern hier, der herrschende ist. (c) Wer sich
setzt, geräth aus der Bewegung in den Stand der Ruhe, daher ist sich setzen,
zuweilen, einen dauerhaften, bleibenden Aufenthalt an einem Orte wählen. Cajus
hat sich in Berlin gesetzt, wohnhaft niedergelassen. Sich aufs Land setzen.
Sich auf sein Gut setzen. Sich in die Stadt setzen. Sich zur Ruhe setzen, sich
eine ruhige Lebensart erwählen. Hierher scheinet auch die R. A. zu gehören,
sich mit jemanden setzen, gütlich vergleichen, weil man dadurch in den Stand
der ruhigen Eintracht geräth. (d) Wer sich gesetzt hat, befindet sich in einer
festen, sichern Lage. Eine Armee setzt sich an einem Berge, das Corps setzt
sich vor der Stadt, wenn sie daselbst eine sichere Stellung nehmen. Daher ist
auch das Mittelwort gesetzt, als ein Beywort gebraucht, oft kurz und dick. Eine
starke gesetzte Weibesperson, wofür auch untersetzt üblich ist. Figürlich
bezeichnet gesetzt diejenige Fertigkeit, da man sich nicht leicht durch etwas
aus seiner Fassung bringen lässet, und darin gegründet. Ein gesetzter Mann. Ein
gesetztes Gemüth. Eine gesetzte Antwort geben. Wir müssen uns zu der gesetzten
Erwartung unvermeidlicher Übel gefaßt machen, Gell. 2. Stehen machen, einen
Körper in diejenige Lage bringen, in welcher er stehet. (1) Eigentlich. Das
Glas, den Teller auf den Tisch setzen. Den Stuhl an die Wand, den Stock in die
Ecke setzen. Das Licht auf den Leuchter, den Leuchter auf das Fenster setzen.
Den Fuß auf etwas setzen. Den rechten Fuß voran setzen. Nie will ich wieder
einen Fuß über seine Schwelle setzen. Etwas auf die Spitze setzen. Essen und
Trinken auf den Tisch setzen. Alles an seinen gehörigen Ort setzen. Jemanden
einen Stuhl setzen, damit er sich darauf setze. Eine Bildsäule auf ihr
Fußgestell setzen. Die Garben in Mandeln setzen. Jemanden eine Ehrensäule
setzen. Gränzzeichen setzen. Blume setzen, pflanzen. Etwas aus der Hand setzen.
Daher die figürlichen R. A. Jemanden zur Rede setzen, Rechenschaft wegen seines
Betragens von ihm fordern. Ziel und Maß setzen, vorschreiben. Sich zur Wahre
setzen, oder stellen, sich widersetzen. Die sich wider mich setzen, 2 Mos. 22,
40. Etwas aus den Augen setzen, nicht die gehörige Aufmerksamkeit darauf
richten. Etwas hinten setzen, es zurück setzen, in ähnlichem Verstande. Den
Wellen einen Damm entgegen setzen, einen Damm wider die Wellen aufführen.
[
65-66] (2) Figürlich. (a) Feuer setzen, im Bergbaue,
Holzflöße um das Gestein her setzen, und selbige anzünden, um das Gestein
dadurch würde zu brennen. (b) Von verschiedenen Thieren ist setzen so viel als
werfen, gebären, da es denn bey den Jägern besonders von den Hirschkühen, Rehen
und Hasen üblich ist. (c) Besonders mit dem Nebenbegriffe der Festigkeit, der
Dauer. aa) Verordnen, bestimmen, in welcher Bedeutung es ehedem noch häufiger
war. Eine Zeit, einen Tag zu etwas setzen. Jemanden zum Vormund, zum Bürgen,
zum Richter u. s. f. setzen. Einen an eines andern Stelle setzen. Den Bock zum
Gärtner setzen. Geld auf jemandes Kopf setzen. Den Preis setzen, bestimmen. Zur
gesetzten Stunde.
S. auch Gesetz und Satzung. bb) Als wahr oder richtig
annehmen. Setzen sie das grausamste, das mir begegnen könnte. Ich will den Fall
setzen, daß er nicht käme, ich will annehmen, daß u. s. f. Etwas zum voraus
setzen, es als nothwendig wahr und existirend annehmen. Es soll geschehen, aber
ich setze dabey zum voraus, daß er seinen Willen dazu gibt, d. i. unter der
Verbindung, daß er u. s. f. Die wahre Freundschaft setzet allezeit gegenseitige
Verdienste voraus, Gell. Die Einheit oder das Ganze setzt nothwendig die
Vielheit der Theile voraus, Sulz. So wird auch das Mittelwort gesetzt als ein
Nebenwort gebraucht. Gesetzt, daß er nicht käme, oder gesetzt, er käme nicht.
Gesetzt, du hättest beßre Sitten, So ist der Vorzug noch nicht
dein, Gell.
Voraus gesetzt, daß sich das einmahl so fügen würde. Gesetzt
auch, daß meine Lebensart nicht recht nach der Mode wäre, so ist sie doch
ruhig, Gell. 3. In noch weiterer Bedeutung, ein Ding an einen bestimmten Ort
bringen. (1) Eigentlich, wo doch zugleich viel auf den Gebrauch ankommt, ob
dieser in jedem Falle setzen oder ein anderes Zeitwort eingeführet hat. Gott
setzte Lichter an die Feste, 1 Mos. 1, 17. Den Hut auf den Kopf setzen. Einem
den Degen auf die Brust, das Messer an die Kehle setzen. Zu einer Zahl noch
etwas hinzu setzen. Jemanden unter die Heiligen setzen. Jemanden in das
Gefängniß setzen, im gemeinen Leben nur schlechthin, ihn setzen. Etwas zum
Pfande setzen. Jemanden Schröpfköpfe setzen. Zusammen setzen. Jemanden den Kopf
zurecht setzen, figürlich. Da es denn als ein allgemeines Wort oft statt eines
besondern gebraucht wird, welches die Art und Weise näher bestimmt. Ein Stück
Zeug an das andere setzen, nähen. Knöpfe, Treffen auf ein Kleid setzen. Bey den
Buchdruckern ist setzen, die Schriften, d. i. gegossenen Buchstaben, aus den
Fächern des Schriftkastens nehmen, und sie in Sylben, Wörter, Zeilen und Seiten
zusammen setzen.
S. Setzer. (2) Figürlich in vielen besondern Arten des
Ausdrucks, Geld in die Lotterie setzen, oder auch nur, in die Lotterie setzen.
Etwas auf das Spiel setzen. Sein ganzes Vermögen daran setzen, dabey wagen.
Leib und Leben daran setzen, es zur Erreichung einer Absicht wagen. Jemanden
auf die Probe, setzen, ihn probieren. Etwas ins Geld setzen, es verkaufen, um
bar Geld dafür zu bekommen. Wir wollen alles, was wir noch von Kostbarkeiten,
ins Geld setzen, Weiße. Eine verworrene Sache aus einander setzen, sie
ordentlich vortragen und dadurch deutlich machen. Jemanden etwas in den Kopf
setzen. Ich weiß nicht, wer ihr den wunderlichen Gedanken von der Freyheit in
den Kopf gesetzt hat, Gell. Mißtrauen in etwas [
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setzen. Seine Hoffnung, sein Vertrauen auf etwas sitzen. Seinen Ruhm, seine
Ehre in etwas setzen, es für Ruhm, für Ehre halten. Er scheinet etwas darin zu
setzen, daß u. s. f. eine Art des Vorzuges darin zu suchen. 4. Endlich wird
dieses Zeitwort auch noch in vielen besondern Ausdrücken gebraucht, eine
Hervorbringung einer gewissen Veränderung, eines gewissen Zustandes zu
bezeichnen. Ein Land unter Wasser setzen, es mit Wasser überschwemmen. Jemanden
außer Stand setzen, etwas zu thun. Er setzet mich durch seine gar zu große
Sparsamkeit außer Stand, (nicht außer den Stand) jemanden Gefälligkeit zu
erzeigen, Gell. Eine Sache wieder in den vorigen Stand setzen. Jemanden außer
Thätigkeit setzen. Die Triebfedern, wodurch die Natur ihn in Thätigkeit setzt.
Ich will die Sache außer Streit gesetzt sehen. Eine Person oder Sache in
Bewegung setzen. Sich in den Marsch setzen, anfangen zu marschieren. In Unruhe
setzen, unruhig machen. Sich in Gefahr, in Unkosten, in Schaden, in Vorschuß
setzen. Sich bey jemanden in Gunst setzen. Einen Gefangenen in Freyheit, auf
freyen Fuß setzen. Etwas ins Werk setzen. In Erstaunen, in Furcht, in Schrecken
setzen, aber nicht in Freude, in Hoffnung u. s. f. setzen. Ein Lied in Noten
setzen, es componieren. So auch das Setzen. Das Hauptwort die Satzung, ist in
den Zusammensetzungen üblicher als für sich allein. Anm. Dieses Activum oder
vielmehr Factitivum lautet schon im Isidor und bey dem Kero sezzan, bey dem
Ulphilas mit einer andern Ableitungssylbe satjan, im Nieders. setten, Angels.
sattan, im Schwed. sätta, im Pohln. sadze. Die Verstärkung des Mitlautes vor
der Endung en deutet auf ein Intensivum. Das einfachere Stammwort scheinet noch
in dem alten Niederd. saten, dem Engl. to set, dem Isländ. seta, und Schwed.
sätta, setzen, übrig zu seyn. Über dieß ist im Nieders. saden, sadigen,
beunruhigen. Das Griech. hier nichtlateinischer Text, siehe Image,
auflegen, hier nichtlateinischer Text, siehe Image und hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, setzen, und das Hebr. hier
nichtlateinischer Text, siehe Image, setzen, sind ohne Zweifel damit
verwandt. Da in den eigentlichern Bedeutungen der Begriff der Niedrigkeit sehr
merklich hervor sticht, denn wer sich setzt, wird niedriger, als wenn er
stehet, daher dafür auch niederlassen üblich ist: so scheinet es mit sitzen von
dem Niederdeutschen siet, niedrig, abzustammen. (
S. Seit und Sitzen.) Die Oberdeutsche Conjugation ich
satzte, gesatzt, ist im Hochdeutschen veraltet, aber doch noch in dem
Hauptworte Satz übrig. [
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