Die See
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5-6] (einsylbig,) plur. die -n,
(zweysylbig,) und der See, (einsylbig,) des -s, (zweysylbig,) plur. die -n,
(auch zweysylbig) ein sehr altes Wort, welche eigentlich Wasser bedeutete, aber
jetzt nur noch in einer doppelten Bedeutung üblich ist. 1. Die große Sammlung
Wassers, welche das feste Land des Erdbodens umgibt, und welche auch das Meer,
das Weltmeer genannt wird. In dieser Bedeutung ist es allemahl weiblichen
Geschlechtes. An der See wohnen. Auf der See fahren. In See gehen, in die See
stechen, von Schiffen. Der Handel zur See. Die hohe See, die offenbare See. In
dieser Bedeutung leidet es keinen Plural, auch nicht, wenn es das Wasser der
See selbst bedeutet. Die See läuft kurz, bey den Seefahrern, wenn sie kurze
Wellen macht, lang, wenn ihre Wellen lang sind. Die See braust, schäumt, geht
hohl u. s. f. Auch einzelne Theile und Gegenden dieses Weltmeeres bekommen sehr
häufig den Nahmen der See. Die Atlantische See, die stille See, die Nordsee,
die mittelländische See, die Südersee, bey Holland, die Ostsee, u. s. f. bey
welchen man zum Theil auch das Wort Meer gebrauchen kann, dagegen bey andern
das Wort See nicht hergebracht ist; das rothe Meer, das schwarze Meer, das
Griechische Meer u. s. f. In dieser Bedeutung Eines Theiles des Weltmeeres ist
der Plural der Sache nicht zuwider, ob er gleich wenig vorkommt. Überhaupt
scheint das Wort See in dieser Bedeutung mehr dem gemeinen Leben und der
vertraulichen Sprechart, Meer aber mehr der höhern Schreibart angemessen zu
seyn. 2. Eine mit Land umgebene beträchtliche Menge Wasser, besonders wenn das
Wasser in derselben Wellen schlägt; ein Landsee, Nieders. Binnensee. In dieser
Bedeutung ist es im Hochdeutschen allemahl männlichen Geschlechtes. Der
Bodensee, der Comer-See, der Genfer-See, der Costnitzer-See u. s. f. Da es denn
in allen Ländern auch kleinere Seen gibt. Der See Genezareth, Luc. 5, 1. Über
den See fahren, Kap. 8, 22. Einen See ablassen, fischen u. s. f. Eigentlich
sollte man es, wenn dieses Wort am Ende wächset, Seees, die Seeen schreiben;
allein um den Überstand dreyer auf einander folgender e zu vermeiden, läßt man
ein e weg, spricht aber dennoch das Wort zweysylbig. Einige Sprachlehrer wollen
der See wie Meer decliniret wissen, Plur. die Seee oder See, zweysylbig; allein
es ist dieses wider den beständigen Sprachgebrauch, der zu allen Zeiten Seen
hat. Recke deine Hand aus über die Seen, 2 Mos. 7, 19. Ein Land da Bäche, und
Brunnen und Seen innen sind, 5 Mos. 8, 7; und so in andern Stellen mehr; nur
Sir. 24, 44 heißt es Ein Mahl: meine Ströme werden große See. Anm. Dieses alte
Wort, welches vorzüglich den nordischen Sprachen und Mundarten eigen ist,
dagegen die südlichen ihr Meer, Mare u. s. f. haben, lautet schon bey dem
Ulphilas Saiws, bey dem Notker und Ottfried Seuue, Se, im Angels. Sea, im Engl.
Sea, im Schwed. Sjö, im Holländ. Zee, im Nieders. See, und selbst bey den
Tartarn, vermuthlich den Krimmischen, Su, Sui. Es scheinet, daß die sausende
Bewegung des Meeres und der ihm ähnlichen Seen der Grund der Benennung sey, da
denn mit andern Endsylben sausen, sieden u. s. f. damit verwandt sind. Der
Unterschied in dem Geschlechte ist zwar jetzt, wenigstens im Hochdeutschen
allgemein, scheinet aber doch nur aus zwey verschiedenen im Hochdeutschen
vereinigten Mundarten entstanden zu seyn. Bey dem Ottfried ist in der zweyten
Endung thes seuues, der See, des Meeres, und im Theuerdanke kommt Kap. 64. der
See und die See ohne Unterschied von einem und eben demselben See vor. In den
folgenden Zusammensetzungen finden beyde Bedeutungen statt, doch sind die in
der ersten die zahlreichsten, da denn die mit See - zusammen gesetzten Wörter,
oft auch mit Meer - verbunden werden können, welches aber in andern nicht
üblich ist. So sagt man Meeral, und Seeaal, Meeramsel und Seeamsel, Meerwasser
und Seewasser, aber nicht Meerfahrt, Meerfahrer, Meerstadt u. s. f. hingegen
auch nicht Seebusen, Seeenge u. s. f. [
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