2. Sein
, [
37-38] ein Pronomen possessivum oder
zueignendes Fürwort der dritten Person männlichen und ungewissen Geschlechtes.
Es wird auf zweyerley Art gebraucht. I. Als ein Conjunctivum oder in
Gesellschaft des Hauptwortes, wo es auf folgende Art abgeändert wird.
Masc. Fämin. Neutr. Plur. Nomin. Sein, seine, sein. Seine.
Genit. Seines, seiner, seines. Seiner
Dat. Seinem, seiner, seinem. Seinen.
Accus. Seinen, seine, sein. Seine. Es begleitet ein Hauptwort,
welches der dritten Person oder Sache männlichen oder ungewissen Geschlechtes
gehöret, womit sie in Verbindung stehet, oder auch, was sich auf einige Art auf
dieselbe beziehet. Jedes Land hat seine Gewohnheiten. Er hat sein Gutes
empfangen. Ein jeder hat seinen Kopf für sich. Ich suche nicht mein, sondern
sein Bestes. Er mag seine Wege (im gemeinen Leben seiner Wege) gehen. Er muß
doch wohl seine Ursachen gehabt haben. Er hat nur seinen Scherz mit dir haben
wollen. Dein Rath thut seine Wirkung. Es hat seine Richtigkeit damit, wo sich
sein auf es beziehet; ohne dieses Fürwort aber sagt man, die Sache hat ihre
Richtigkeit. Ein gewöhnlicher Fehler einiger gemeinen Sprecharten, und
besonders der Niedersachsen ist es, dieses Fürwort der zweyten Endung, wenn
selbige vor ihrem Hauptworte stehet, zur Erklärung beyzufügen. Meines Vaters
sein Bruder. Meines Bruders sein Gut.
Und überträgt des Nächsten seine Schuld, Opitz.
Den Besitz mit Nachdruck und ausschließungsweise anzuzeigen
fügt man diesem, so wie übrigen Possessivis noch das eigen zu. Sein eigenes
Gut. Die ältern Oberdeutschen Schriftsteller sagten dafür sein selbst. Un sines
selbes brusti, Ottfr. Sin leibes meistertuam, Kero. Von dem curialen, Se.
Majestät, Se. Durchlaucht,
S. Ihro. Mit den Hauptwörtern Halbe, Weg, Wille wird es
in den vertraulichen Sprecharten gern zusammen gezogen, so daß n in ein t
übergehet, und der ganze Ausdruck ein Nebenwort wird. Seinethalben. Ich that es
seinetwegen. Ich sagte es um seinetwillen. (
S. 2 Dein,) wo mehr von diesen Ausdrücken gesagt worden.
Es wäre vielleicht nicht unnütz, jedes Possessivum in ein Demonstrativum und
Relativum einzutheilen. Bey diesem würde es seinen Nutzen haben, und man könnte
hier noch das Demonstrativo-Relativum hinzu setzen. Gib ihm sein Geld, wo die
demonstrative Eigenschaft am meisten hervor flicht. Das Demonstrativo-Relativum
beziehet sich auf das Subject der Rede. Meine Freunde flohen, und kein einziger
öffnete mir sein Herz. Wem trauet unser Herz mehr als seinem Geliebten? Der
Gram verzehret dich, o laß ihm seinen Lauf nicht! Das Glück hatte Alexandern so
viel gewähret, daß es nicht mehr in seinem Vermögen war, ihm noch einen Wunsch
zu gewähren. Hier wird er mir eben dem Herzen einen Dürftigen glücklich machen,
der seinem Eigennutze dienen kann, womit er dort einen Glücklichen stürzt, der
seiner Erhebung im Wege steht. Dusch. Das Relativum endlich ist im gemeinen
Leben am üblichsten und beziehet sich auf ein vorher gegangenes Hauptwort
männlichen oder ungewissen Geschlechtes, wenn es gleich nicht das unmittelbare
Subject der Rede ist. Alles was dein Glück in seinem Laufe aufhalten kann. Die
Außenlinien eines Körpers stellen unsern Augen seine Gestalt dar. Die
anständigere Schreibart gebraucht hier lieber den Genitiv dessen des
Demonstrativo-Relativi der, welches noch nothwendiger wird, wenn sich das sein
auf eine Sache und nicht auf eine Person beziehet. Es kam ein Schiff und man
schickte einen Officier an seinen Bort, besser an dessen Bort. Sechs Jahre
sollt du sein (des Fremdlings) Land besäen, und seine (besser dessen, weil es
hier auf Land gehet) Früchte einsammeln, 2 Mos. 23, 10; wenn aber das letzte
sein auf den Fremdling gehet, so stehet es völlig an seinem rechten Orte. Am
nothwendigsten ist dieses dessen, wenn das sein eine Zweydeutigkeit macht, und
so wohl auf das Subject der Rede als auf ein näher vorher gegangenes Hauptwort
gehen kann. Der Oberst-Lieutenant folgt auf den Obersten und vertritt in seiner
Abwesenheit seine Stelle, wo es beyde Mahle dessen heißen muß. Cajus war
zornig, daß Caspar sein gut verkauft hatte, wo es dessen heißen muß, wenn es
auf Cajum gehen soll, weil Caspar hier das eigentliche Prädicat des Satzes ist.
(
S. auch 2 Der II.) Der Edelmann ging mit dem Pachter auf
seinen Acker, wo sein recht ist, wenn es auf den Edelmann geht, aber mit dessen
vertauscht werden muß, wenn es sich auf den Pachter beziehen soll. Wo eine
solche Mißdeutung nicht Statt findet, da kann sein als ein Reciprocum ohne
Bedenken gebraucht werden, besonders wenn es sich auf eine Person beziehet. Ich
ging mit dem Pachter auf seinen Acker. II. Als ein Absolutum mit Auslassung des
Hauptwortes wo es auf zwiefache Art gebraucht wird. 1. So daß das ungewisse
Geschlecht sein adverbisch steht. Der Acker ist sein. Die Casse war sein. Das
Haus ist sein. Die Kinder sind sein. Das Haus bleibt sein. Für welche
Wortfügung der vertraulichen Sprechart man in der höhern oft lieber
Umschreibungen gebraucht; außer etwa in dem figürlichen Ausdrucke, er ist nicht
mehr sein, er hat sich nicht mehr in seiner Gewalt, ist seiner nicht mehr
mächtig. Doch auch im größten Schmerz noch sein, Gell. Und mit der Inversion,
in welcher Gestalt auch die höhere Schreibart dasselbe verträgt. Sein ist das
Reich. (
S. 2 Dein II.) 2. Außer der Adverbial-Form, so daß es
sich auf eine vorher gegangene oder darunter verstandene Person männlichen
Geschlechtes beziehet. Das ist nicht mein Buch, es ist seines. Das ist nicht
meine [
39-40] Sache, es ist seine. Nach einem Genitiv
gehöret es auch hier in die Sprache des gemeinen Lebens. Dein Aufwand
übertrifft des Fürsten seinen, besser, übertrifft den Aufwand des Fürsten. Anm.
Bey dem Ulphilas sieus, Im Isidor sin, im Nieders. sein, im Schwed. sin, sitt,
im Krainischen svoj, im Latein. suus, Griech. hier nichtlateinischer
Text, siehe Image, hier nichtlateinischer Text, siehe
Image, hier nichtlateinischer Text, siehe Image.
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39-40]