Schwören
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1757-1758] verb. irreg. ich schwöre, du
schwörst ec. Imperf. ich schwor, (im gemeinen Leben schwur;) Mittelw.
geschworen; Imperat. schwöre. Es wird so wohl absolute und als ein Neutrum
gebraucht, da es denn das Hülfswort haben erfordert, als auch als ein Activum.
Es bedeutet, 1) betheuern überhaupt, besonders diejenige Art des Betheuerns, da
man eine andere Person oder Sache zum Zeugen der Wahrheit und Rächer des
Betruges anrufet, in welcher Bedeutung es noch im gemeinen Leben häufig
gebraucht wird. Die Person oder Sache, welche man auf diese Art anrufet,
bekommt gemeiniglich das Vorwort bey. Fluchen und schwören. Bey etwas schwören.
Bey Baal schwören, Jer. 12, 16. Bey dem Himmel, bey dem Tempel, und dem Golde
am Tempel, bey dem Altare u. s. f. Matth. 23. Bey Gott, bey allem, was heilig
ist, schwören. Hoch und theuer schwören. Stein und Bein schwören, in eben
diesem Verstande, im gemeinen Leben. Auf ähnliche Art sagten schon die Griechen
und Römer Jovem lapidem jurare, welche R. A. sich im Polybius, Cicero, Gellius,
Apulejus und andern befindet, und aus dem Gebrauche erkläret wird, da man
ehedem bey einem feyerlichen Schwure einen Stein in der Hand hielt, und damit
das daneben stehende Opfervieh todt warf. Bein beziehet sich vielleicht auf die
Gebeine der Heiligen, bey welchen man in der Römischen Kirche zu schwören
pflegt. Ich wollte nicht darauf schwören, d. i. ich wollte nicht schwören, daß
es wahr ist; welche Wortfügung mit dem Vorworte auf sonst ungewöhnlich ist.
Jemanden den Tod schwören. Er ist mein geschworner Feind, d. i. der mir
gleichsam ewige Feindschaft geschworen hat. 2) In engerer Bedeutung ist
schwören, Gott feyerlich zum Zeugen der Wahrheit und Rächer des Betruges
anrufen. Einen Zeugen schwören lassen. Auf das Evangelium schwören, die Finger
im Schwören auf das Evangelium legen. Einen leiblichen Eid schwören. Den Eid
der Treue schwören. In eines andern Seele schwören, in seinen Nahmen. Die
Soldaten schwören lassen, sie den Eid der Treue ablegen lassen. Ein
Geschworner, Nieders. Swaren, in vielen Fällen, jemand, welcher geschworen hat,
doch nur in engerer Bedeutung, ein beeidigter Aufseher, Richter u. s. f. denn
beeidigten Bürger, Soldaten u. s. f. heißen so nicht. Es gehöret hier zu den
vielen Ausnahmen von der Regel, wo die passiven Mittelwörter eine thätige
Bedeutung haben, und umgekehrt. So auch das Schwören.
S. auch Schwur. Anm. Schon bey dem Ulphilas swaran, bey
dem Kero suevran, bey dem Ottfried und im Tatian sueran, im Niedersächs.
swören, im Angels. swerian, im Engl. to swear, im Schwed. svärja, im Isländ.
sveria. Junius und Wachter leiten es von dem alten Gothischen sveran, ehren,
Frisch von jurare, indem auch die Franzosen aus Juramentum ihr Serment gemacht,
andere von dem Latein. severare in adseverare, noch andere von schwer, und
wiederum andere von wahr her. Die letzte Ableitung würde die wahrscheinlichste
seyn, wenn es nicht erweislicher wäre, daß schwören in seiner heutigen
Bedeutung von einem alten Zeitworte abstammet, welches stark, laut reden
überhaupt bedeutet hat, und als eine unmittelbare Onomatopöie dieses laut
Redens zu dem Geschlechte der Wörter schwirren, susurrare, und Schwarm gehöret,
welche Ableitung schon Twaithes in seinen Zusätzen zu dem Junius; und nach ihm
Ihre eingesehen hat. Ohne das intensive sch war ehedem waren, wara, reden,
wovon noch unser Wort, und vermuthlich auch wahr, bewähren und Gewähr
abstammen. Von dieser allgemeinen Bedeutung des Redens und stark Redens wurde
schwören und das gelindere wären von verschiedenen Arten der Rede gebraucht
welche bey der alten Einfalt der Sitten mit einer Heftigkeit und Lebhaftigkeit
des Tones verbunden waren. Z. B. 1) für antworten. Im Schwedischen ist daher
svara noch jetzt antworten, Angels. andswaran, und ohne Zischlaut andwaran,
Engl. to answer. Noch im Willeram kommt waran für antworten vor. (Siehe
antworten und Wort.) 2) In engerer Bedeutung, sich vor Gericht verantworten;
Schwed. svara, wo daher auch Svarande der Beklagte ist, im Deutschen ehedem der
Antworter. 3) Heftig bitten, in welchem wir noch beschwören gebrauchen. 4)
Versichern, bestätigen, fest setzen: eine sehr alte Bedeutung, in welcher
suuiron schon in den Baierischen Gesetzen vorkommt. Das Lat. severare ist damit
verwandt. 5) Versprechen, geloben; eine noch in einigen Oberdeutschen Gegenden
übliche Bedeutung, wo eine hingeschworne Braut eine verlobte Braut ist, ohne
daß eben ein Eid dabey Statt fände. 6) Betheuern, in den noch gangbaren
Bedeutungen. Wenn dieß voraus gesetzt wird, so ist das zusammen gesetzte
Eidschwur kein Pleonasmus, indem Schwur hier in einer seiner allgemeinern
Bedeutungen stehet, eine eidliche Versicherung, eidliche Angelobung, eidliche
Antworten u. s. f. zu bezeichnen. Was sie Rechtschreibung betrifft, so ist die
Schreibart mit einem e freylich die älteste und allgemeineste, und viele
Mundarten sprechen ausdrücklich schweren. Indessen sticht doch im Hochdeutschen
das ö merklich vor, und gehet im Imperfect und Mittelwort sogar in ein a und in
schwur in ein u über, welcher Übergang, der bey dem e nicht so gewöhnlich ist,
diese Aussprache und Schreibart bestätiget, für welche der Unterschied von
schwären und schweren allein kein hinlänglicher Grund seyn würde.
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1757-1758]