Schwärmen
, [
1715-1716] verb. reg. neutr. mit dem
Hülfsworte haben, welches das verworrene Geräusch nachahmet, welches unter
andern auch mehrere Dinge in ihrer Bewegung machen. 1. Eigentlich, dieses
verworrene Geräusch von sich geben, hervor bringen. Was für ein liebliches
Sumsen schwärmt um uns her? Geßn. In engerer Bedeutung gebraucht man dieses
Wort von den Bienen, wenn die Jungen mit einem verworrenen Gesumse und in einer
unordentlicher scheinenden Menge aus einem Stocke ziehen. Die Bienen schwärmen,
werden bald schwärmen. In welchem Verstande man es auch von den alten Bienen
gebraucht, wenn sie ihre Jungen auf die Art auslassen, daher man in
Niedersachsen für schwärmen auch lassen sagt. Der Stock hat noch nicht
geschwärmet. 2. In engerer und figürlicher Bedeutung. 1) Rauschende
Vergnügungen und Ausschweifungen zur Ungebühr nachhängen. Die ganze Nacht
schwärmen. Ein Mensch muß in seinem Leben wenigstens Ein Mahl schwärmen, ein
falscher, obgleich sehr allgemeiner Grundsatz. Lärmen und schwärmen. 2) Sich
ohne Ordnung und Absicht und mit einem Geräusche schnell hin und her bewegen.
Fliegende Würmchen verfolgen sich unten im Grase; bald verliert sie mein Auge
im grünen Schatten, dann schwärmen sie wieder im Sonnenschein, Geßn. Von einem
Orte zum andern schwärmen. Auf der See herum schwärmen, im Niederdeutschen die
See schäumen; im Ital. ist sciamare schwärmen. 3) Sinnlichen Vorstellungen zur
Ungebühr nachhängen, sinnliche Vorstellungen zum Bestimmungsgrunde seiner
Urtheile und Handlungen annehmen zum Nachtheile deutlicher. Bey den Jägern
schwärmt der Leithund, wenn er sich durch fremde sinnlichere Witterung von dem
Suchen auf der Fährte abbringen läßt, z. B. wenn er ein Wild erblickt, und
dadurch im Suchen irre wird. 4) In noch engerer Bedeutung, dunkele oder
verworrene Vorstellungen zum Nachtheile klarer und deutlicher zum
Bestimmungsgrunde seiner Urtheile und Handlungen anneh- men. In diesem
Verstande sagt man sehr häufig, es schwärmt jemand, oder es schwärmt in seinem
Kopfe, wenn er verworrene Vorstellungen hat, und solches durch seine Urtheile
und Handlungen im hohe Grade äußert. Siehe Schwärmerey. So auch das Schwärmen.
Anm. Im Nieders. swarmen, und mit einem andern Endlaute swarven, im Angels.
swearmian, im Engl. to swarm, to swerve, im Schwed. svärma. Im Niederdeutschen
hat man noch ein anderes sehr nahe verwandtes Wort, welches swieren, Holländ.
zwieren, lautet, und schwärmen im ersten und zweyten figürlichen Verstande
bedeutet. Junius leitet unser schwärmen von dem Griech. Harmonia, Wachter von
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , die Schleppe eines
Kleides, Frisch, der den Bienenschwarm für die erste und älteste Bedeutung
hielt, von Sperma her, andere zu geschweigen. Keinem fiel ein, daß dieses
Zeitwort eine sehr deutliche Onomatopöie ist, welche das surmende Geräusch
vieler sich bewegender Dinge genau nachahmet, und das Stammwort des Intensivi
schwirren ist, so wie es wiederum ein vermittelst des Zischlautes gebildetes
Intensivum von wirren, in verwirren, Wurm u. s. f. ist. Die eben gedachten von
andern angegebenen Stammwörter sind indessen, obgleich auf verschiedene Art;
Figuren dieser Onomatopöie. [
1717-1718]