Schröpfen
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1659-1660] verb. reg. act. welches in
zwey dem Ansehen nach verschiedenen Bedeutungen üblich ist. 1) In der
Landwirthschaft schröpfet man das Getreide, wenn man es, ehe es in die Kiele
tritt, mit der Sichel abschneidet, damit es nicht zu stark und voreilig wachse.
Den Weitzen schröpfen, in einigen Gegenden, ihn vergrasen. Es wird in dieser
Bedeutung gemeiniglich schrepfen oder schräpfen geschrieben. 2) Ritzen; eine
nur noch in einigen Fällen übliche Bedeutung. In den Küchen schröpfet man die
Äpfel, wenn sie in vier Theile schneidet, die Oberfläche rings herum mit einem
Messer subtil ritzet oder aufhacket, und sie hernach in Wein kocht; geschröpfte
Äpfel. Die Gärtner schröpfen kranke Bäume, wenn sie die äußere Rinde derselben
mit einem Messer aufritzen, damit der Saft Luft bekomme. Am üblichsten ist es
von einer Art des Aderlasses, da man ehedem die Haut mit einer Lanzette
mehrmahls aufritzte, um das zwischen Fell und Fleisch befindliche Blut
abzuzapfen; welche die älteste Art des Schröpfens ist. Jetzt bedienet man sich
statt der Lanzette eines eigenen Schröpfschneppers zu den Einschnitten, und zur
Aussaugung des Blutes der Schröpfköpfe, da denn der Nahme des Schröpfens
geblieben ist obgleich die Onomatopöie bey dieser Erfindung verloren gegangen.
Figürlich ist jemanden schröpfen ihn auf unbillige Art um sein Geld bringen.
Der Wirth schöpft seine Gäste, wenn er sich Zeche zu theuer bezahlen läßt. So
auch das Schröpfen. Anm. Dieses Zeitwort, welches den Niederdeutschen und den
mit ihnen verwandten Sprachen fremd zu seyn scheinet, indem die ersten das
Schröpfen der Wundärzte Köpfe setzen nennen, ist in beyden Fällen eine
Nachahmung des Lautes, so wie die Niederdeutschen schrapen, schrubben u. s. f.
ähnliche Laute, obgleich ganz verschiedene Handlungen, bezeichnen. Frisch
leitet es daher in der letzten chirurgischen Bedeutung sehr unschicklich von
dem Lat. scarificare her; ohne Zweifel weil ihm die übrigen Bedeutungen
unbekannt waren. Im Oberdeutschen wird es häufig schrepfen und schräpfen
geschrieben, weil man daselbst so spricht, im Hochdeutschen hingegen sticht,
wenigstens in der zweyten Bedeutung, das ö merklich hervor.
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1661-1662]