Schreiten
, [
1655-1656] verb. irreg. neutr. Imperf.
ich schritt, Mittelw. geschritten. Es wird mit dem Hülfsworte seyn verbunden.
1) Die Füße zum Gehen aus einander thut, einen Schritt machen. Enge schreiten,
weit schreiten, enge, weite Schritte machen. Nicht so weit schreiten können.
Über die Schwelle, über einen Graben schreiten. Er soll mir nicht mehr über die
Schwelle schreiten, nicht mehr in mein Haus kommen. In den Zusammensetzungen
abschreiten und überschreiten wird es auch thätig gebraucht. 2) Mit festen,
abgemessenen Schritten gehen. Im eisernen Getöse von Waffen schreitet er durch
rauchende Ruinen, Dusch. Er schreitet daher, wie ein Frosch im Mondscheine,
sagt man in Niedersachsen von jemanden, welcher mit einem lächerlich
ernsthaften Stolze einher gehet. 3) Figürlich, sich bedächtlich zur Vollziehung
einer Handlung begeben. Zum Werke schreiten. Zur Sache, zum Urtheil, zur
zweyten Ehe schreiten. Lassen sie uns nun zu den Heirathspuncten schreiten,
Gell.
Ist eure Sache gut, so schreitet zum Vergleich, Und ist sie
schlimm, so rechtet, Haged.
Zuweilen auch, sich begeben, überhaupt. Mit seinen Gedanken
über die dumme Alltäglichkeit hinweg schreiten, Zimmerm. So auch das Schreiten.
Anm. In dem alten Fragmente Carln den Großen bey dem Schilter schraiten, im
Nieders. schriden, im Angels. scrithan, welches aber auch hin und her gehen
bedeutet, im Schwed. skrida, und im Lat. ohne Zischlaut gradi, womit auch das
in den gemeinen Sprecharten übliche gräten, grätschen verwandt ist. Das
Nieders. striden, Engl. to stride, Schwed. strida, schreiten, ist nur im
Präfixo verschieden. Bey dem Ottfried ist irscritan in weiterer Bedeutung,
entwischen.