3. Schopfen
, [
1627-1628] verb. reg. welches der Form
nach ein Intensivum von schaffen und schieben ist, seinem Wesen und Ursprunge
nach aber eigentlich eine unmittelbare Nachahmung des Tones ist, den es
bezeichnet, und daher von mehrern dem Anscheine nach verschiedenen Handlungen
und Veränderungen gebraucht wird, welche aber mit diesem Laute verbunden sind,
oder doch anfänglich unter demselben gedacht worden. Es kommt in doppelter
Gestalt vor. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Das Wasser durch
einen Ritz oder durch eine Öffnung einlassen. Das Schiff, der Kahn schöpfet
Wasser, wenn beyde einen Leck haben. In einigen Gegenden sagt man auch, die
Schuhe schöpfen Wasser, wenn sie Wasser ziehen, die Sonne schöpft Wasser, wenn
sie Wasser ziehet. 2) Trinken; ein nur bey den Jägern üblicher Gebrauch, welche
es von dem Wildbret, dem wilden Geflügel u. s. f. gebrauchen. Der Falk schöpft,
er trinkt. Eben daselbst ist es auch active oder factitive gangbar; einen
Habicht schöpfen, ihn tränken, ingleichen ihn haben, oder zu baden geben. 3)
Blühen; wo es doch nur im Hopfenbaue von dem Hopfen gebraucht wird. Der Hopfen
schöpft, blühet. Es scheinet, daß es hier zunächst von Schopf oder Kopf
abstammet, weil der Hopfen, wenn er blühet, Schöpfe oder Köpfe bekommt. II. Als
ein Activum. 1. Mit einem Gefäße einen Theil eines flüssigen Körpers aus einem
größern Vorrathe auffassen und wegnehmen. 1) Im eigentlichsten Verstande.
Wasser schöpfen, es geschehe nun mit einem Eimer, einer Gelte u. s. f. Wasser
mit dem Siebe schöpfen, vergebliche Arbeit verrichten. Aus einem Brunnen
schöpfen. Einen Brunnen leer schöpfen. Einen Zuber voll schöpfen. Das Fett mit
dem Löffel oben abschöpfen. Bernstein schöpfen, ihn mit geflochtenen Körben aus
dem Wasser hohlen, so daß das Wasser durchlaufe, der Bernstein aber zurück
bleibe. 2) In weiterer Bedeutung wird es auch von der Einziehung des Athems und
der Luft gebraucht. Athem schöpfen. Luft schöpfen.
Beklemmt mit Bangigkeit, Schöpf' ich nach Luft, und fast
zerspringt mein Herz, Weiße.
Frische Luft schöpfen, in die freye Luft gehen oder kommen.
3) Figürlich gebraucht man es auch, doch nur mit gewissen Hauptwörtern, für
bekommen. Muth schöpfen. Aus der Überwundenen Schwierigkeit schöpft die
Vernunft Muth und Geduld zur neuen Arbeit, Gell. Hoffnung schöpfen. Trost aus
etwas schöpfen. Nutzen aus etwas schöpfen. Einen Argwohn, einen Verdacht
schöpfen. Im Oberdeutschen sagt man auch, einen Haß wider jemanden schöpfen,
Eifersucht schöpfen, ein Verlangen, eine Begierde schöpfen, eine Meinung
schöpfen u. s. f. Ingleichen eben daselbst für schließen, urtheilen; hieraus
ist zu schöpfen, wo es aber auch zur folgenden Bedeutung gehören kann. 2. *
Ehedem war es auch für urtheilen, richten, entscheiden, sehr gangbar, und noch
jetzt sagt man im Österreichischen, ein Urtheil schöpfen, für fällen. Im
Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung längst veraltet, hat aber doch das
Hauptwort Schöppe zurück gelassen, (
S. dasselbe.) Schöpfen scheinet hier das Intensivum von
schaffen zu seyn, entweder so fern es befehlen, entscheiden u. s. f. bedeutet,
oder auch so fern es anordnen, verwalten, handhaben ist. Im Schwed. sagt man
skippa Lagh oder Rätta, das Recht verwalten, handhaben. (
S. Schaffen.) Indessen ist doch schon im Hebr.
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hier nichtlateinischer Text, siehe Image - richten, Recht sprechen.
3. * Hervor bringen, machen, bilden; gleichfalls als das Intensivum von
schaffen. Auch diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, und kommt nur
noch in einigen Oberdeutschen Gegenden vor. Ich habe die vom Herrn Baron von
Wolf geschöpfte Nahmen und Ausdrücke beybehalten, sagt Klemm in seinem
mathematischen Lehrbuche. Besonders gebrauchte man es ehedem in engerm
Verstande von Gott, für schaffen, aus nichts hervor bringen, von welcher
veralteten Bedeutung noch die Hauptwörter Schöpfer, Schöpfung und Geschöpf
üblich sind, (
S. dieselben.) So auch das Schöpfen, und in der letzten
Bedeutung die Schöpfung, siehe dasselbe an seinem Orte besonders. Anm. In der
ersten thätigen Bedeutung, wo man es gewisser Maßen als ein Intensivum von
schieben ansehen kann, bey dem Ottfried skepphan, im Tatian schephan, bey dem
Willeram skeffan, im Nieders. scheppen, im Engl. to scoop, und schon im Hebr.
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hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - . Schaff, Schoppen, -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - u. a. m. stammen davon ab, und sind
nicht, wie gemeiniglich geglaubt wird, das Stammwort von schöpfen. Ohne
Zischlaut und ohne Intension ist im Ital. cavare schöpfen, woraus zugleich die
Verwandtschaft mit cavus, Kufe u. s. f. erhellet.
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1629-1630]