Der Schooß
, [
1625-1626] des -es, plur. die Schöße,
Diminut. das Schößchen, Oberd. Schößlein, ein Wort, welches in einer doppelten
Bedeutung gangbar ist. 1) Der Bug am Unterleibe eines Menschen, besonders wenn
er sitzet, wo es bald von diesem Buge, und in der anständigen Sprechart auch
von den in dessen Gegend befindlichen Theilen gebraucht wird; die Mutterscheide
erstreckt sich von der Bärmutter bis in den weiblichen Schooß. Bald von der
Vertiefung, welche im Sitzen in dieser Gegend zwischen den Schenkeln entstehet;
einen Schooß machen, besonders von weiblichen Personen, im Sitzen die Schenkel
ein wenig von einander thun, damit eine Vertiefung entstehe. Das Schäflein
schlief in seinem Schooß, 2 Sam. 12, 3. Bald aber auch von den Schenkeln eines
Sitzenden, mit dem Vorworte auf; ein Kind auf den Schooß nehmen; jemanden auf
dem Schooße sitzen. Daher die figürlichen Redensarten. Die Hände in den Schooß
legen, müßig gehen. Dem Glücke im Schooße sitzen, ein anhaltendes Glück, eine
fortdauernde Glückseligkeit genießen. In dem Schooße des Glückes ist noch
selten ein Mann erzogen worden, Dusch. Ingleichen in einigen Fällen figürlich,
das Innere, das Mittel eines Dinges. In den Schooß der Kirche zurück kehren, in
die Gemeinschaft der Glieder derselben. Der süße Friede, welchen man im Schooße
seiner Familie genießt. Sein Herz in den Schooß eines Freundes ausschütten. Aus
dem Schooße beyder Indien hohlt die Handelschaft neuen Samen von Haß, Zwist und
Krieg.
Erde, mein mütterlich Land, die du mich im kühlenden Schooße
Einst zu den Schlafenden Gottes begräbst, Klopst.
2) Derjenige Theil der männlichen Kleidung, welcher sich zur
Seite des Schooßes von dem Leibe an erstrecket. Der Schooß eines Kleides. Ein
Kleid mit gesteiften Schößen. Gemeiniglich glaubt man, daß diese Bedeutung eine
Figur der vorigen sey, weil diese Theile sich wirklich zu beyden Seiten des
Schooßes befinden. Allein aus den gemeinen Mundarten erhellet, daß Schooß hier
zunächst zu einem andern Stamme gehöret. Das Nieders. Schoot bedeutet nicht
allein diesen Theil des männlichen Kleides, sondern den Zipfel eines jeden
Kleidungsstückes, ja auch eines Segels, den Schweif, die Schleppe, ferner einen
jeden Keil, Zwickel oder Gehren an einem Kleidungsstücke; welche Bedeutung
schon das alte Gothische Skauta, der Schweif, das Angels. Sceat, und Schwed.
Sköt, haben, welche auch den Winkel, die Ecke, bedeuten. Bey den
Niedersächsischen Schneidern ist schöteln, das Stück Zeug, welches das Kleid
länger und weitläufiger machen, und Falten verursachen soll, ansetzen. Die
Obersächsischen Fleischer nennen auch das lappige dünne Fleisch an einem Kinde,
welches noch unter den Lappen hängt, den Schooß. Aus welchen allen erhellet,
daß dieses Wort hier etwas hervor ragendes, eine Ecke, einen Zipfel bedeutet,
und allem Ansehen nach zunächst zu schießen und Schoß gehöret. Anm. In der
ersten Bedeutung schon bey dem Notker im weiblichen Geschlechte Scozza, im
Schwabensp. die Schoeze, und noch jetzt durch ganz Oberdeutschland die Schooß,
bey dem Stryker hingegen im ungewissen Geschlechte das Schos, im Nieders.
Schoot. Im Hochdeutschen ist das männliche Geschlecht das gangbarste. Der
Begriff der Vertiefung, des hohlen Raumes, ist in dieser Bedeutung der
herrschende, (
S. Schüssel,) so wie es in der zweyten der Begriff der
Hervorragung, der Spitze, des Winkels ist. Man hat es schon lange für nöthig
gehalten, das gedehnte o in diesem Worte, wodurch sich dasselbe von Schoß,
tributum, unterscheidet, ausdrücklich zu bemerken. Frisch schreibt Schos,
welches aber wider die Aussprache des s ist, welches in der Verlängerung
deutlich genug wie ß lautet, und folglich auch so geschrieben werden muß. Die
gewöhnlichste Schreibart ist Schooß, welche aber auch ihre Unbequemlichkeit
hat, besonders im Plural, und in den Ablei- [
1627-1628]
tungen, wo man wider die Gewohnheit entweder Schööße und Schöößchen, oder auch
die Gewohnheit zu Folge, Schöße und Schößchen schreiben muß, in welchem
letztern Falle es denn wieder nicht von Schößchen mit dem geschärften o, ein
kleines Fenster in einem größern, ein kleines Stockwerk, ingleichen ein kleines
Jahrreis, unterschieden werden kann. Am besten wäre es, man schriebe statt des
verdoppelten Vocals hier und in allen ähnlichen Fällen Schohß, Schöhße,
Schöhßchen. [
1627-1628]