2. Die Schnur
, [
1611-1612] plur. die Schnüre, Diminut.
das Schnürchen, Oberd. Schnürlein, ein aus mehrern Fäden zusammen gedrehtes
rundes Band von mittlerer Stärke, da denn die Schnur das Mittel zwischen dem
schwächern Faden und der stärkern Leine u. s. f. hält. Ein Kleid mit Schnüren
besetzen. Die Schnur um einen Hut, die Hutschnur. So auch Angelschnur,
Radschnur u. s. f. In Nabelschnur siehet es figürlich wegen einiger
Ähnlichkeit. Eine Art eines schleichenden Fiebers bey den Pferden, welches von
einer Erhitzung herrühret, wird die Schnur genannt, weil sich bey dem
Athemhohlen an jeder Seite nach den Rippen zu eine Rinne bildet, in welche man
eine Schnur legen könnte. Besonders, so fern eine Schnur dazu dienet, gewisse
Körper darauf zu reihen. Perlen, Korallen, Tobaksblätter u. s. f. auf eine
Schnur ziehen. Da denn auch eine Menge solcher aufgereiheter Körper eine Schnur
heißt. Eine Schnur Perlen, Korallen. Eine Schnur Tobak, auf eine Schnur
gereihete Tobaksblätter. So auch Fruchtschnur und Blumenschnur in den schönen
Künsten. Dahin scheinet auch die R. A. zu gehören, etwas an einem Schnürchen
haben, Fertigkeit darin besitzen.
Ich kan wunder an der Snuere Ich kan vliegen und verliessen u.
s. f. Burkhard von Hohenfels.
Ingleichen, so fern eine ausgespannte Schnur den Werkleuten,
Gärtnern u. s. f. dienet, gewissen Körpern eine gerade Richtung zu geben; die
Richtschnur. Bäume nach der Schnur setzen. Daher schnurgleich, schnurgerade, so
gleich, so gerade, als wenn es nach der Schnur gemacht wäre. Ingleichen die
figürlichen R. A. Nach der Schnur leben, ordentlich, nach der Regel oder
Vorschrift. Alles nach der Schnur haben wollen, pünctlich und ordentlich. Über
die Schnur hauen, das gehörige Maß der Menge, der Billigkeit, der
Wahrscheinlichkeit u. s. f. überschreiten. Wie auch, so fern sie zum Wissen
gebraucht wird, für Meßschnur. Etwas mit der Schnur ausmessen. Daher im
Bergbaue die Schnur auch ein Leben von sieben Lachtern ist. In der R. A. von
der Schnur zehren oder leben, d. i. von dem vorher ersparten oder erworbenen
Vermögen müßig leben, ist es ein wenig dunkel. Frisch erklärt sie aus dem
ehemahligen Gebrauche, besonders gemeiner Leute, ihre Gold- und Silbermünzen
zusammen zu biegen, sie an eine Schnur zu reihen, und zur Zierde um den Hals zu
tragen. Daß indessen das Wort Schnur hier noch eine andere Erklärung leide, ist
schon in der Anmerkung zu dem Worte Schmarotzen beygebracht worden. Anm. Schon
in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter Snur, im Nieders.
Snoor, wo auch Snirre eine Schlinge, Dohne ist, im Schwedischen Snara und
Snöre, im Böhmischen und Pohlnischen Sznur, im Finnischen ohne Zischlaut Nuora,
woraus die Verwandtschaft mit dem Griechischen -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - und Latein. Nervus erhellet. Es scheinet, daß die
Zusammendrehung, welche zu einer Schnur nothwendig ist, der Grund ihrer
Benennung sey, so daß dieses Wort zu dem Nieders. snar, schnell, schnurren und
andern ähnlichen gehöret, in welchen eine schnelle Bewegung, besonders in die
Runde, der Stammbegriff ist. [
1611-1612]