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Adelung - Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

Schnöbisch | | * Die Schnödigkeit

Schnöde

, [1607-1608] -r, -ste, adj. et adv. welches in doppelter Bedeutung vorkommt. 1) In einer subjectiven, weder den innern Werth noch die gehörige Güte habend, schlecht, untauglich. Snode Vestin, schlechte, untaugliche Festungen, bey dem Jeroschin. Schnöde Waare, schlechte, untaugliche, im Oberdeutschen. Was schnöde war, verbanneten sie, 1 Sam. 15, 9. In weiterer Bedeutung, niedrig, geringe, verächtlich. Schnöden Geschlechtes seyn, bey dem Frisch, von niedriger Herkunft. Schnöde Werke, bey dem Kaisersberg, verächtliche, geringe Arbeiten. Herr, siehe doch und schaue, wie schnöde ich werden bin, wie verächtlich, Klagel. 1, 11. Ein Mensch, der ein Greuel und schnöde ist, der Unrecht säuft wie Wasser, Hiob 15, 16, verächtlich, lasterhaft. Der schnöde Julian, Canitz. In dieser subjectiven Bedeutung ist es im Hochdeutschen größten Theils veraltet, außer daß man es noch zuweilen mit einigen Hauptwörtern, besonders in der Poesie, gebraucht, ihre eitele und folglich verächtliche Beschaffenheit anzudeuten.
Der Wust, der schnöde Grauß, Der ganzen Erden Spott, Opitz. Was edle Seelen Wollust nennen, Vermischt mit schnöden Lüsten nicht, Haged.
2) In einer objectiven, sein Urtheil eines andern verächtlichen Beschaffenheit durch Worte und Handlungen auf eine ihm empfindliche Art an den Tag legend, und darin gegründet; verächtlich. Jemanden schnöde begegnen, ihn schnöde halten. Einem schnöde Worte geben. Die schnödesten Worte von jemanden anhören müssen. Anm. Im Niedersächsischen, doch nur in einigen Gegenden, z. B. im Osnabrückischen, in der letzten Bedeutung snäe, und in der ersten snode für schlecht. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß, weil mehrere Stämme mit fast gleichem Rechte darauf Anspruch machen können. Frisch leitet es von schnäutzen her, was man als Unreinigkeit der Nase wegwirft; eine Ableitung, die zu unanalogisch und schmutzig ist, als daß sie Aufmerksamkeit verdiente. Bey dem Notker ist Snudu Verhöhnung, und snuden verhöhnen, verspotten, eigentlich wohl die Nase aus Verachtung rümpfen, welches denn wohl das Stammwort von unserm inten- siven schnauzen seyn, und von dem alten Schnud, jetzt Schnautze, abstammen könnte, sich aber auch zu der ersten, allem Anscheine nach ältesten subjectiven Bedeutung nicht schicken will. Im Schwed. ist Nid Schande, Laster, Isländ. Nyth, bey dem Ulphilas Naitains Lästerung, im Angels. Nith Bosheit, im Griech. mit dem müßigen Vorschlage - hier nichtlateinischer Text, siehe Image - Schande, denen allen nur der Zischlaut mangelt, und welche, wie fast alle ähnlichen Wörter, zunächst körperliche Verstümmelung bezeichnen, und mit schneiden Eines Stammes zu seyn scheinen. Ferner ist im Schwed. sned schief, und das Hauptwort Sned die schiefe Richtung, und figürlich Betrug Ränke. Alle diese Wörter könnten nicht unbequeme Ableitungen abgeben, wenn wir nicht in eben dieser mit der Deutschen so nahe verwandten Sprache eine noch wahrscheinlichere hätten; denn in dieser ist snöd, Isländ. snaudur, eigentlich nackend, und denn im figürlichen Verstande arm, dürftig, eitel, verächtlich, schlecht, boshaft; snöda werld, die schnöde, d. i. eitle und verächtliche, Welt. Aus dieser Sprache erhellet nun, daß auch unser schnöde eigentlich nackend, bloß bedeutet, und von dem Latein. nudus, vielleicht auch von unserm Noth, wenigstens in einigen Bedeutungen, nur in dem intensiven Zischlaute verschieden ist. ( S. das folgende.) Ein ganz anderes Wort ist das Nieders. snöde, snöe, witzig, schlau, Angels. snoter, snotor, weise, welches vermuthlich von dem Angels. snude, hurtig, schnell, abstammet. [1609-1610]
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