Schmieren
, [
1573-1574] verb. reg. act. 1. Eigentlich,
einen halb festen und halb flüssigen, oder dicklich flüssigen Körper auf einen
festern ausdehnen. Jesus schmierete den Roth auf des Blinden Auge, Joh. 9, 6.
f. Einem Rinde den Brey in den Mund schmieren. Figürlich sagt man in den
niedrigen Sprecharten, einem etwas in das Maul schmieren, es ihm wegen seiner
Unfähigkeit sehr deutlich und begreiflich machen. Besonders von einem
dicklichen fetten Körper, welcher die Consistenz einer Salbe oder Schmiere hat.
Butter auf das Brot schmieren. Sehr häufig wird es mit der vierten Endung
desjenigen Körpers gebraucht, auf welchem der weiche ausgedehnet wird, mit
Verschweigung des letztern, da es denn nicht allein von Salben, Schmieren und
andern dicklichen flüssigen Dingen, sondern auch von flüssigern, z. B. Öhlen,
gebraucht wird. Ihr Fürsten schmieret den Schild, Es. 21, 5. Den Wagen, die
Achse schmieren. Wer gut schmiert, der gut fährt. Die Schuhe, die Stiefeln, das
Leder schmieren. Ein Schloß schmieren. Ein Gefäß schmieren, den Ofen schmieren,
die Ritzen mit Lehm oder einem andern weichen Körper ausstreichen. Jemanden das
Maul schmieren, in den niedrigen Sprecharten, ihm angenehme Hoffnungen machen,
ohne sie zu erfüllen. Die Gurgel schmieren, auch nur in der niedrigen
Sprechart, wacker trinken. Die räudigen Schafe schmieren. Da dieses Wort den
schmutzigen Nebenbegriff des Unreinlichen, Fettigen, und der sudelhaften
Behandlung bey sich hat, so wird es von Dingen, welche auch im gesitteten Leben
vorkommen, in der anständigen Sprechart gern vermieden, und dafür das Zeitwort
streichen gebraucht. Butter auf Brot streichen, den Roth auf das Auge streichen
u. s. f. Nur in den Fällen, wo es die vierte Endung des Körpers, welcher
bestrichen wird, bey sich hat, muß man es behalten; aber diese Fälle gehören
auch größten Theils in das gemeine Leben. Von Salben, d. i. reinlichen,
wohlriechenden Arten der Schmiere, gebraucht man das Zeitwort salben. Dieß gilt
auch von den folgenden figürlichen Bedeutungen, welche insgesammt in die
gemeine und niedrige Sprechart gehören. 2. Figürlich. 1) Mit einem dicklichen
flüssigen Körper unreinlich, sudelhaft umgehen; am häufigsten in dem zusammen
gesetzten sich beschmieren, für besudeln. 2) Schlecht und sudelhaft schreiben
und mahlen, eine Fortsetzung der vorigen Figur; im Hochd. auch schmadern, in
Baiern glänen, im Nieders. kleyen, gnideln. Das ist nicht gemahlt, sondern
geschmiert. Etwas in ein Buch schmieren. Allerley zusammen schmieren; wo es
nicht bloß von schlechten, in der Eile gemachten Zügen, sondern von gemeinen,
alltäglichen, auf eine nachlässige und flüchtige Art vorgetragenen Sachen
gebraucht wird. 3) Den Wein schmieren, ihm mit schädlichen Dingen eine höhere
Farbe, oder einen angenehmern Geschmack geben. Ein geschmierter Wein. 4)
Jemanden die Hände schmieren, einen Richter, einen Advocaten schmieren, sie
bestechen, Franz. grasser la patte; eine ohne Zweifel von dem Schmieren eines
Wagens entlehnte Figur, zumahl da man den Satz, wer gut schmiert, der gut
fährt, auch auf diesen Fall anzuwenden pflegt. Sich schmieren lassen,
bestechen. 5) Jemanden den Buckel schmieren, ihn prügeln; wofür man auch nur
schlechthin sagt, ihn schmieren oder abschmieren. 6) Im Nieders. ist schmieren
auch schmeicheln, nach dem Munde reden. Gut schmieren können. Daher eine solche
Person daselbst auch eine Schmiertasche heißt. Bey den Schwäbischen Dichtern
kommt es in einer dem Anscheine nach verwandten Bedeutung vor.
Manig roeselehter munt In sin herze smieret und lachet, Graf
Conrad von Kilchberg. Bluomen wis Dur grueniu ris Brehent (glänzen) und
smierent, Werner von Tuifen.
So auch das Schmieren. Anm. Bey dem Notker, der es aber sehr
uneigentlich für mästen gebraucht, smiran, in Schwaben schmirben, im Nieders.
smeren, in Angels. smeran, smyran, im Engl. to smear, im Schwed. smörja, im
Isländ. smyria, im Irländ. smearam, im Pohln. smarowac. Der Begriff des
glatten, dicklich weichen ist der herrschende.
S. auch Schmer. [
1575-1576]