Schinden
, [
1473-1474] verb. irreg. act. Imperfect.
ich schund; Mittelwort geschunden; Imperat. schinde. 1) Eigentlich, die Haut
eines Dinges nach und nach ablösen oder abziehen; eine ehedem und noch in
manchen Gegenden in allen den Fällen übliche Bedeutung, wo dieser Begriff Statt
findet. In einigen Oberdeutschen Gegenden schindet der Metzger ein Kalb, wenn
er es ausarbeitet; wo man den Ausdruck schinden in Obersachsen als eine
Beschimpfung ansehen würde. Eben daselbst schindet man auch einen Hasen u. s.
f. wenn man ihn abstreift. Er schünde eine Laus um des Balgs willen, sagt man
auch noch im Hochdeutschen im gemeinen Leben von einem kargen Geitzigen. Einen
Verbrecher lebendig schinden, eine in den Morgenländern ehedem sehr übliche
Lebensstrafe. Der Abdecker schindet ein umgefallenes Vieh, wofür doch auch
abdecken, abschlagen, und in den niedrigern Sprecharten abpuffen und abludern
üblicher sind, (
S. Schinder.) Einen Baum schinden, ihn auf eine
ungeschickte Art der Rinde berauben. Überhaupt hat dieses Wort in den wenigen
Fällen, in welchen es im Hochdeutschen noch im eigentlichen Verstande gebraucht
wird, entweder den Begriff des Ungeschickten, oder doch sonst eine
verächtlichen Nebenbegriff bey sich. Im gemeinen Leben schindet man sich auch,
wenn man sich die Haut an einem Theile des Leibes abreibet oder abstößet. 2)
Figürlich, in dem Nießbrauche, und im Handel und Wandel das Maß der Billigkeit
auf eine grobe Art überschreiten; im gemeinen Leben, und allemahl mit einem
verächtlichen Nebenbegriffe. Der Fuhrmann schindet sein Vieh, wenn er es
übertreibt, es zu Schande treibet, der Landmann seinen Acker, wenn er ihn
ausmärgelt, ein Herr seine Unterthanen, wenn er ihnen übertriebene Lasten
aufleget, welche sie zu Grunde richten, oder wenn er ihnen, wie man gleichfalls
in den niedrigen Sprecharten sagt, das Fell über die Ohren ziehet, der
Verkäufer den Käufer, oder dieser jenen, wenn einer von ihnen die Billigkeit
zum merklichen Nachtheil des andern verletzet. Der Geitzige schindet und
schabet, wenn er ohne Rücksicht auf Billigkeit und Wohlstand zu erwerben sucht,
wo er kann. Und so andern Fällen mehr. So auch das Schinden. Anm. Im Nieders.
schinnen, im Schwed. skinna. Daß es ehedem ein Zeitwort dieses Lautes gegeben,
welches schneiden überhaupt bedeutet hat, und wozu auch das Lat. scindere, im
gewisser Betrachtung auch schänden, und vielleicht auch Schindel, gehöret, ist
gewiß. Allein unser schinden stammet wohl zunächst von dem in Hochdeutschen
veralteten Schin, die Haut, her, Nieders. Schin, Engl. Skin, Schwed. Skinn,
Dän. Skind, im Wallis. ohne Zischlaut Cenn, und im Bretagn. Ken, wohin auch in
der weitern Bedeutung einer Decke das Griech. -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - , ein Gezelt, gehöret. Auf ähnliche Art sind schälen
von Schale, fillen, schinden, von Fell, hülfen von Hülfe, häuten von Haut, u.
a. m. gebildet. Schinden bedeutet also der Haut berauben, und da diese zur
völligen Gestalt eines Dinges nothwendig ist, so wird daraus zugleich der
Nebenbegriff begreiflich, der diesem Worte gemeiniglich anklebt. Indessen sind
dieses schinden, und schinden, schneiden, dem Ursprunge nach nur ein und eben
dasselbe Wort. Siehe auch Schiene. [
1473-1474]