Schier
, [
1447-1448] -er, -ste, adj. et adv. ein
noch in den gemeinen Sprecharten Ober- und Niederdeutschlandes sehr gangbares
Wort, welches aber in der anständigen Schreib- und Sprechart der Hochdeutschen
wenig mehr gebraucht wird. Es kommt in einer doppelten Hauptbedeutung vor. 1.
Schnell, plötzlich, hurtig, wo es als ein Nebenwort am häufigsten ist. 1)
Eigentlich. Es wird ihre Ernte gar schier kommen, Jer. 51, 33. Aufs schierste
kommen, Apost. 17, 15. Ebr. 13, 19. 2) Figürlich. (a) Bald, mit nächsten; im
Böhm. skeiro. Pinehas Weib war schwanger, und sollte schier geliegen, 1 Sam. 4,
19. Hüther, ist die Nacht schier hin? Es. 21, 11. Daher schierstkünftig, in den
Oberdeutschen Kanzelleyen. (b) Beynahe; schon bey dem Ottfried scioro. Ich
hätte auch schier so gesagt, Ps. 119, 15. Sie haben mich schier umbracht, V.
87. Ich habe schier meine Augen ausgeweinet, Klagel. 2, 11. Ich wäre schier
gefallen. Ich hätte es schier vergessen. Noch in den vertraulichen Sprecharten.
2. * Glänzend hell, in welchem Verstande es im Niederdeutschen am häufigsten
ist, und auch als ein Beywort gebraucht wird. 1) Eigentlich, im Nieders.
schier, Angels. scir, Schwed. skär und skir, Isländ. skyr; eine selbst im
Niederdeutschen wenig mehr übliche Bedeutung. 2) Figürlich. (a) Weiß; in
welchem Verstande es nur noch hin und wieder vorkommt. (b) Lauter, rein,
unvermischt, im Engl. sheer. Eine schiere Haut, im Nieders. so wohl rein und
glänzend, als auch rein von Flecken. Schieres Korn, welches mit keinem andern
vermischt ist. Schiere Butter essen, lauter Butter. Schieres Fleisch, welches
keine Knochen hat. Den Pferden schieren Hafer geben, lauter Hafer. Alles im
Niederdeutschen, wo es nach einer noch weitern Figur auch für gänzlich wird.
(c) Glatt, eben. Eine schiere Haut. Schier von Gesicht seyn, glatt. Anm. Schier
gehöret zu 1 Schar und Scheren, deren erste Bedeutung gleichfalls eine schnelle
Bewegung ist. Der Begriff des Lichtes ist in allen Sprachen eine Figur der
schnellen Bewegung, daher der Zusammenhang der beyden Bedeutungen dieses Wortes
leicht begreiflich wird. Unser Zier ist mit der zweyten nahe verwandt. in den
gemeinen Sprecharten werden Scherkasten, Scherbottich u. s. f. häufig wie
Schier - ausgesprochen. Siehe auch das folgende.