Das Schicksal
, [
1439-1440] des -es, plur. die -e, ein
Wort, von welchem sich weder in den alten Denkmählern der Deutschen Sprache,
noch in den heutigen mit den Deutschen verwandten Sprachen einige Spuren
finden. Es ist von dem Zeitworte schicken, in der Bedeutung des Verordnens,
Veranstaltens, und der Ableitungssylbe -sal gebildet, und wird in einem
doppelten Hauptverstande gebraucht. 1) Von Begebenheiten und Veränderungen
eines Dinges, welche nicht in dessen Willkühr stehen, welche ohne dessen Zuthun
in einer unbekannten Ursache außer ihm gegründet sind, wo man es besonders von
unwillkürlichen menschlichen Veränderungen, und selbst von solchen gebraucht,
deren Grund in dem vorher gehenden Verhalten des Menschen man nicht einsiehet,
wenn sie gleich wirklich in demselben gegründet sind. Ein Mensch hat sonderbare
Schicksale, wenn er ohne seine unmittelbare Mitwirkung sonderbaren
Veränderungen ausgesetzt ist; wo es auch collective von der ganzen Reihe
solcher Veränderungen gebraucht wird. Der große Gedanke, Gott regieret und
ordnet die allgemeinen und besondern Schicksale der Menschen - ist göttliche
Beruhigung des Herzens in Unfällen und Leiden, Gell. Ihr Schicksal (die ganze
Reihe der Veränderungen) ist wunderbar; es ist aus kleinen Schicksalen vieler
an einander gekettet, Jaco- bi. Sich in guten und bösen Schicksalen gleich
seyn. 2) Dasjenige Wesen, in welchem diejenigen Veränderungen in der Welt
gegründet sind, deren Zusammenhang aus dem vorher gehenden Zustande nicht
begreiflich ist. Nach der christlichen Philosophie ist dieses Wesen kein
anderes als Gott; allein man gebraucht das Wort Schicksal nur noch in dem
Verstande der ehemahligen heidnischen Philosophen, welche noch ein gewisses
unbekanntes Wesen außer Gott annahmen, von welchem die Veränderungen in der
Welt und den menschlichen Begebenheiten abhängen sollten; es sey dieses nun ein
Ohngefähr, oder eine unbedingte Nothwendigkeit u. s. f. Der Unglaube macht das
blinde Schicksal zu einer gesetzgebenden Person. Gesundheit, Schätze, Ansehen,
alles was der Thor anbethet, hat das lachende Schicksal über ihn ausgeschüttet,
Dusch. Wo man denn oft weiter nichts, als die Veranstaltung und Verbindung der
menschlichen Begenbenheiten verstehet, so fern sie nicht unmittelbar von ihm
selbst herrühren.
S. auch Geschick.
S. Schicken 1 3), von welcher Bedeutung dieses Wort
herstammet. [
1439-1440]