Der Schenkel
, [
1415-1416] des -s, plur. ut nom. sing.
Diminut. das Schenkelchen. 1. Im weitesten Verstande, wo es in verschiedenen
einzelnen Fällen ein in die Länge ausgedehntes Ding bedeutet, dessen Länge die
Breite und Dicke weit übertrifft. In dem Bergbaue werden an den Fahrten die
langen senkrecht stehenden Hölzer, worin sich die Sprossen befinden, die
Schenkel genannt; an andern Leitern heißen sie die Leiterbäume. Im Weinbaue ist
der Schenkel das junge Holz, welches aus einem Sturze oder Knoten, d. i. einer
abgeschnittenen Rebe, wieder nachwächset. Auch der Fuhrmannssitz an dem Göpel
im Bergbaue führet gleichfalls den Nahmen des Schenkels, ob er gleich auch von
andern der Schämel genannt wird. In der Schifffahrt ist der Schenkel ein Tau
von mittlerer Länge, an dessen Ende eine Rolle hängt, worüber das Tauwerk
gezogen wird, da man denn Brasseschenkel, Toppschenkel u. s. f. hat. Und so
noch vielleicht in andern Fällen mehr, wo sich nicht füglich eine Figur der
folgenden Bedeutung annehmen läßt. 2. In engerer Bedeutung, der Fuß, das Bein,
der lange Theil eines thierischen Körpers, worauf derselbe ruhet, und
vermittelst dessen er den Ort verändert. 1) Der ganze Fuß, in welchem Verstande
man das Dickbein zuweilen den großen oder obern, und das Schienbein den kleinen
oder untern Schenkel zu nenne pflegt. Den Widder sollt du zerlegen, und sein
Eingeweide und Schenkel waschen, 2 Mos. 29, 17; seine Eingeweide und Füße,
Michael. So auch 3 Mos. 8, 21. Indessen wird es in dieser Bedeutung nur noch in
der höhern Schreibart von den Füßen der Menschen und größern Thiere gebraucht.
Deinen zur Rückkehr erhabenen Schenkel, Raml. Figürlich werden in der Geometrie
so wohl die Linien, welche durch ihre Neigung einen Winkel machen, als auch die
auf der Grundlinie stehenden Seiten eines Triangels Schenkel, Crura, genannt.
2) Im engsten und gewöhnlichsten Verstande ist der Schenkel der obere dickere
Theil des Fußes zwischen dem Knie und der Hüfte, so wohl an Menschen als
Thieren, da es denn besonders der edlern Schreibart für die niedrigern Lende
und Dickbein eigen ist. Bey den Pferden wird dieser Theil des Vorderfußes so
wohl der Schenkel als der Vorarm genannt. Anm. Es ist dieses Wort kein
Diminutivum, wie Frisch will, weil es sonst ungewissen Geschlechtes seyn müßte;
die Endung -el zeigt hier entweder ein Werkzeug, oder auch ein Subject an.
Schenkel sagt also eigentlich eben das, was mit einem andern Endlaute oder auch
ohne Endlaut Schinken und dessen Verwandte bedeuten. In der Monseeischen Glosse
wird Schiuchum durch Bases et tibiae erkläret. Im Angels. ist Scancu das Bein,
der Fuß, das Schienbein, welche letztere Bedeutung auch das Italiänische in der
Lombardey übliche Schinca und das Schwed. Skank hat. Im Ungarischen ist Czonc
ein Knochen, Bein, und im Finnischen ohne Zischlaut Konti der Fuß. Siehet man
das n als einen oft müßigen Begleiter der Gaumenlaute an, so gehören auch das
Nieders. Schake, der Schenkel, das Bein, das Hebräische -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - und Chaldäische -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , das Schienbein, hierher. Aus allem
ergibt sich, daß der Begriff der Bewegung in diesem Worte der herrschende sey,
so daß in der ersten allgemeinsten Bedeutung die Ausdehnung in die Länge zum
Grunde lieget, daher auch im Schwed. Skakel die Deichsel heißt, wozu in der
zweyten engern Bedeutung noch der Begriff des Gehens, und in der engsten des
Dickbeines der Begriff der Ausdehnung in die Dicke kommt.
S. Schake, Schacht, Schenken, Schicken, Schiene u. s. f.
welche alle zu dieser Verwandtschaft gehören. [
1415-1416]