3. Der Schelm
, [
1409-1410] des -es, plur. die -e, ein
auch noch im Hochdeutschen gangbares Wort, welches daselbst in einem doppelten
Verstande vorkommt. 1) In einem sehr harten, da man unter Schelm eigentlich
einen seiner Verbrechen wegen ehrlos gemachten Menschen verstehet. Jemanden zum
Schelm machen, ihn mit gewissen Feyerlichkeiten ehelos machen. Ihn als einen
Schelm wegjagen. Bey den Handwerkern ist der Mißbrauch eingerissen, jeden, der
seine wahre oder eingebildete Schuldigkeit nicht beobachtet, für einen Schelm
und Hundsfott, für einen ehrlosen Menschen zu halten. Ein Schelm der weggehet!
Indessen hat es im gemeinen Sprachgebrauche viel von seiner ersten Härte
verloren, wenigstens wird es nicht mehr für so ehrenrührig gehalten als andere
Wörter dieser Art. In weiterer Bedeutung ist Schelm ein Mensch, der sich
solcher Vergehungen schuldig macht, welche in der bürgerlichen Gesellschaft die
Ehrlosigkeit mit sich führen, besonders ein Dieb, und grober Betrieger. Zum
Schelme werden, zum Betrieger; ingleichen in der harten Sprechart für bankerott
werden. Wie ein Schelm handeln, davon gehen.
Der Schelmen arger Griff, damit er uns will fangen, Opitz.
Damit entfährt der Geist dem losen Mammonsknechte, Dem jeder um das Grab mit
einem Schelmen ziert, Canitz.
Diese Abänderung des Schelmen u. s. f. ist in der
Oberdeutschen Mundart üblicher als in der Hochdeutschen. 2) In gelinderer
Bedeutung ist Schelm, so wie Schalk, eine Person, welche einem andern bey einem
unschuldig scheinenden äußern Verhalten zu schaden sucht, und in noch
gelinderer Bedeutung, welche leichtfertige Absichten hinter einem äußern
unschuldig scheinenden Betragen zu verbergen weiß. Ein loser, leichtfertiger
Schelm. Einen Schelm hinter den Ohren haben. Je ärger Schelm, je besser Glück.
Ein armer Schelm, in noch weiterer Bedeutung, ein armer mitleidswürdiger
Mensch. Anm. Im Schwed. und Isländ. Skälm, im Engl. Skellum, im Pohln. Szelma.
Frisch, Wachter, Dietrich von Stade; Ihre u. a. m. sehen dieses Wort mit
Eckardten als eine Figur von Schelm, Aas, an; allein, man wird wohl nicht
leicht ein Beyspiel finden, daß in einem Worte von einer so bestimmten
Bedeutung, wie Schelm ist, eine so unbestimmte Anspielung zum Grunde liegen
sollte. Da es ausgemacht ist, daß von zwey End-Consonanten der letzte allemahl
ein Endlaut ist, welcher das abgeleitete Wort näher bestimmt, so kommt es hier
nur auf die Sylbe Schel an, welche, da die Selbstlauter unaufhörlich
abwechseln, mit Schal gleichbedeutend ist. Schalk und Schelm sind also nur in
den Endlauten unterschieden, und stammen beyde von einer veralteten Bedeutung
des Zeitwortes schalen und schelen, schellen ab. Welches diese Bedeutung unter
den vielen ist, welche dieses Wort leidet, läßt sich nur muthmaßlich bestimmen,
weil uns die Genealogie dieses Wortes fehlet. Es kann die geschwinde
betrügliche Bewegung seyn, welche sich besonders zu der zweyten Bedeutung
schickt, da sich die erste durch eine ehrlose Flucht erklären läßt. Bey den
Krainerischen Wenden ist schalam ich scherze. Es können aber auch das Lat.
Scelus und Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - mit
unserm Schelm verwandt seyn, da denn auch schel und das alte schelen, sehlen,
mangeln, mit zur Verwandtschaft gezogen werden können. Noch im 16ten Jahrh.
bedeutete schelmen verstümmeln. So sagt der bekannte Dichter, Paul Rephuhn, der
Übersetzer habe sein Original nicht geschelmet und gestimmelt. Daß dieses Wort
ehedem noch andere anständige Bedeutungen gehabt haben müsse, erhellet aus der
ehemahligen adeligen Familie der Schelme. Vielleicht hat es, so wie Schalk,
ehedem auch einen Diener bedeutet.
S. Schalk. [
1411-1412]